Der bereits im Jahr 1900 entstandene Westweg ist für meine persönliche Entwicklung von großer Bedeutung. Schon als kleines Kind staunte ich bei Spaziergängen im Schwarzwald über die Wegzeichen mit der roten Raute, die laut Erklärung meiner Eltern durch den gesamten Schwarzwald führen. Als ich 1987 erstmals die 285 km zwischen Pforzheim komplett wanderte, weckte dies bei mir eine Begeisterung für Fernwandern, die bis heute anhält. 2017 und 2018 wanderte ich als Test vor dem damals noch ungewissen Start meines D-Wanderer Projekts den Westweg im Winter. Nun will ich die Schönheit einer der bekanntesten und beliebtesten Routen Deutschlands mit Etappen in allen vier Jahreszeiten dokumentieren.
Anfang Februar kann ich drei Tage lang ungetrübten Sonnenschein nutzen, um Streckenabschnitte, an denen ich 2018 kein gutes Fotowetter hatte, in besserem Licht zu zeigen. Ich fahre mit dem Bus zur Schwarzenbach Talsperre. Der Blick von der Staumauer Richtung Südost zeigt deutlich, dass es unten noch sehr dunstig ist, der Himmel darüber aber in tiefem Blau mein Herz schneller schlagen lässt.
Nach 2,5 km am Ufer des Stausee erreiche ich den Westweg, der mich bald in das Tal des Seebach führt. Viele Eisgebilde schmücken den plätschernden Bach.
Doch nicht nur am Bach ist heute Eis. Auf einem kurzen Abschnitt der steinigen Aufstiegsroute zum Herrenwieser See muss ich sehr vorsichtig balancieren, da der Weg an dieser Stelle fast komplett mit Eis bedeckt ist. Ohne meine Wanderstöcke wäre das sehr schwierig. Aber mit so etwas muss man bei Wanderungen im Winter immer rechnen.
Am Herrenwieser See, einem der Karseen im Nordschwarzwald, wurde aus Naturschutzgründen ein Holzzaun zwischen Weg und Ufer erreicht. Da die Bäume dazwischen recht hoch gewachsen sind, kann man nur noch an einer Stelle einen halbwegs freien Blick auf den See genießen.
Als nächstes erreiche ich den Aussichtsturm auf der Badener Höhe (1002 m), den ich heute aber nicht besteige.
Beim Abstieg nach Sand mache ich kurz Rast im Naturfreundehaus, wo ich wie schon oft eine Erbsensuppe mit Wurst und Brot esse.
An Wochenenden sind hier sehr viele Wanderer unterwegs, heute ist es dagegen angenehm ruhig.
Von Sand nach Hundseck führt der Westweg etwa 2 km weit recht bequem mit etwas Abstand parallel zur Schwarzwald Hochstraße. Man kann auch eine Variante über den Mehliskopf wandern, aber dort war ich in den letzten Monaten recht oft oben.
Das einsturzgefährdete Hotel bei Hundseck ist ein beliebtes Fotomotiv. Dass diese Ruine wegen Rechtsstreitigkeiten seit so vielen Jahren nicht abgerissen werden darf, bietet inzwischen eigentlich guten Stoff für einen Roman. Das große "Zimmer frei" Schild gefällt mir am besten.
Ab Hundseck führt der Westweg nun wieder bergauf, zuerst auf einem breiten Weg, dann auf schmaleren Pfaden.
Der Streckenabschnitt über Pfrimmackerkopf und Hochkopf ist weniger bekannt und überlaufen als Hornisgrinde und Schliffkopf. Mir gefällt es hier oben am besten.
Bei meiner Westweg-Winterwanderung vor vier Jahren war es hier oben so neblig, dass ich nur wenige Meter weit sehen konnte. Da ich mir meinen Weg damals selbst spuren musste, teilweise knietief im Schnee steckte, und rings um mich herum keine Wegmarkierungen erkennen konnte, verlor ich zeitweise die Orientierung und kam nur extrem langsam voran. Heute ist der Weg dagegen sehr bequem festgetreten.
Von der Grindefläche am Hochkopf blicke ich hinüber zur Hornisgrinde.
Gerne würde ich das herrliche Wetter nutzen, um noch weiter zu nutzen, aber da ich heute noch zu einem Vortrag von "Wald-Wanderer" Gerald Klamer will, fahre ich früh mit dem Bus von Unterstmatt nach Hause.
An dem Tag, als ich von Unterstmatt bis zum Seibelseckle wandern will, ist oben dichter Nebel. Daher hole ich die Hornisgrinde-Fotos irgendwann bei einer anderen Wanderung nach, spaziere nur vom Mummelsee bis Seibelseckle und fotografiere anschließend abseits des Westweg für meinen Nationalpark-Blog (siehe "Sonstige Wanderungen") im Kesselbachtal.
Der Mummelsee ist auch bei Nebel ein reizvolles Ziel - und vor allem viel, viel einsamer als an sonnigen Wochenenden!
Am Seibelseckle sehe ich wegen dem Nebel nur den unteren Teil der Skipiste.
Die Originalroute des Westweg ist im Winter zwischen Seibelseckle und Darmstädter Hütte aus Naturschutzgründen gesperrt. In der Zeit kann man etwas unterhalb über einen breiten Forstwirtschaftsweg wandern.
Wenn ich zur Darmstädter Hütte komme, raste ich meist kurz und bestelle Kaffee und Kuchen, doch heute will ich sen Sonnenschein so lange wie möglich nutzen und gehe gleich weiter ins Naturschutzgebiet.
Unterwegs blicke ich hinab zum Wildsee, der im Winter für Wanderer nicht erreichbar ist.
Dann führt mich der Weg bequem am Skihang vorbei hinab nach Ruhestein. Anschließend wandere ich auf dem Westweg zuerst wieder etwas steil bergauf.
Der Weg vom Schweinkopf zum Schliffkopf ist auch im Winter eine Traumroute. Vor vier Jahren legte ich auch diese Strecke in dichtem Nebel und Tiefschnee zurück. Heute ist es reines Genusswandern.
An sehr kalten und stürmischen Wintertagen kann man auf den offenen Grindeflächen faszinierende Eisgebilde an den Bäumen und Sträuchern fotografieren. So war es hier auch oft vor zwei bis drei Wochen, damals aber fast dauerhaft unter grauem Himmel. Die Bäume sehen inzwischen wieder normal aus, aber die kleinen Schneeverwehungen am Boden sind ebenfalls interessante, vergängliche Kunstwerke der Natur.
An sehr klaren Tagen blickt man von hier oben bis zu den Alpen. Heute sehe ich nur den Schwarzwald, aber das genügt mir.
Vom Schliffkopf bis zur Zuflucht gibt es nur eine einzige Route, die im Winter als Loipe präpariert wird. Eine Alternative für Westweg-Wanderer besteht nicht. Da der Weg am Schurkopf vorbei aber auch im Winter eine bei Wanderern äußerst beliebte Strecke ist, sind hier mehr Fußgänger als Skifahrer unterwegs. Der Weg ist breit genug, so dass die Wanderer, die ganz am Rand eine feste Spur abseits der Loipe ausgetreten haben, die Langläufer nicht behindern.
Ab Zuflucht folge ich dann bis Alexanderschanze dem Radwanderweg parallel zur Schwarzwald-Hochstraße, der mir trotz Verkehrslärm gut gefällt, da er an vielen wunderschönen Birken vorbei führt.
Als ich vor vier Jahren den Westweg wanderte, musste ich auf diesen Streckenabschnitt verzichten, da in der Nacht zuvor sehr viel Neuschnee gefallen war und diese lange Distanz bei den Wegverhältnissen nicht zu schaffen wäre.
Auch heute sind manche Abschnitte etwas anstrengend, da hier seit den letzten Schneefällen niemand oder fast niemand wanderte, aber insgesamt komme ich gut voran.
Heute ist die Fernsicht klarer als zuvor, so dass ich im Hintergrund sogar die schneebedeckten Vogesen erkennen kann.
Diese Doppeletappe führt meist durch Wald. Dazwischen komme ich aber auch immer mal wieder an Aussichtspunkten vorbei.
Zweihundert Meter weit wird in einem Quellgebiet der Weg fast komplett von Eis bedeckt. Danach bleibt die Strecke aber dann durchweg leicht.
In den meisten Beschreibungen wird die Wanderung nach Hausach auf zwei Etappen geteilt, mit Übernachtung im Harkhof.
Auf einem schattigen Waldweg sehe ich herrliche Strukturen von Kammeis, die entsehen, wenn aus dem Boden austretendes Wasser an der Oberfläche gefriert.
In der anderen Richtung sehe ich im angenehmen Abendlicht Wolfach und die Kinzig.
Bald darauf fahre ich mit der Bahn nach Hause.
Meine Westweg-Winterwanderung 2017/2018 steht hier: https://d-wanderer.de/wanderungen.php?w=1&Wanderung=Westweg_im_Winter