Der Maximiliansweg führt von Lindau bis Berchtesgaden am nördlichen Rand der Alpen über viele Gipfel. An manchen Streckenabschnitten braucht man unbedingt sehr gute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Oft sind es aber Wege, die jeder konditionsstarke Wanderer gehen kann. Darüber, wie lange man für die einzelnen Abschnitte braucht, gibt es zwischen gedruckten Wanderführern und Online-Führern sehr stark abweichende Angaben, worüber ich später noch schreibe. Der Maximiliansweg ist nicht durchgehend als Fernwanderweg markiert.
Annette und ich starten nicht in Lindau sondern erst in Hittisau. Die Etappe von Lindau bis Bregenz werde ich im Frühjahr wandern, wenn ich den deutschen Teil des Bodensee-Wanderweg marschiere. Von Bregenz bis Hittisau führt der Weg durch Österreich, worauf ich dieses Mal verzichte, da ich hier nur deutsche Fernwanderwege vorstellen will.
Ich bin es seit Jahrzehnten gewohnt, bei Fernwanderungen meist 1,5 bis 2,5 "offizielle" Tagesetappen zu wandern. Annette und ich fühlen uns nach vielen Marathon- und Ultratrail-Wettkämpfen so fit, dass wir für die nächsten Tage sehr sportliche Distanzen planen. Für normale Wanderer empfehle ich aber auf jeden Fall eine andere Einteilung.
Der Wetterbericht hatte für heute scheußliches Wetter angekündigt, doch als Annette und ich gegen 14 Uhr in Hittisau starten, scheint ab und zu sogar ein wenig die Sonne.
Anfangs führt die Route noch recht viel über Asphalt, nur zwischendurch geht es auf einem Pfad durch einen urwüchsigen Wald im Bereich eines einstigen Bergsturzes. Am Lecknersee legen wir eine kurze Rast ein, am Gasthaus Höfle gehen wir aber etwas später ohne Stopp vorbei.
Nun geht es meist auf steilen Wegen bergauf. Wenn ich beim Aufstieg zurück blicke, sehe ich, dass es in Hittisau bereits regnet und die graue Front sich uns schnell nähert. Gerade noch rechtzeitig holen wir die Regenjacken aus dem Gepäck und ziehen die Regenschutzplane über den Rucksack. Schon gießt es los. Wer es noch nie zuvor erlebt hat, staunt sicherlich, wie schnell die Temperatur in den Alpen innerhalb weniger Minuten fallen kann. Unten am See schwitzen wir noch, jetzt könnte man bereits Handschuhe brauchen. Zum Glück müssen wir nur noch zehn Minuten lang bergauf steigen und dann kurz hinab zur Hütte gehen.
In der Alpenvereinshütte Staufner Haus sitzen wir dann in der warmen Stube und genießen nach dem Abendessen leckeren Apfelstrudel mit Vanillesoße, was für mich schon seit Jahrzehnten fast untrennbar zur Einkehr in einer Alpenhütte gehört.
Der Blick aus dem Fenster steht den ganzen Abend unter dem Motto “One Shade of Grey”.
Am Morgen hat sich der Blick nach draußen gegenüber gestern nicht verändert, doch als wir um 8 Uhr aufbrechen, reißt der Nebel ab und zu stellenweise etwas auf. Bei klarem Wetter kann man von der Nagelfluhkette aus viele Dutzend Berggipfel sehen, heute dagegen fasziniert uns das spannende Spiel der Nebelschwaden. Es muss nicht immer Postkartenwetter sein! Auch solche Tage sind sehr reizvoll.
Der Weg führt mit viel Auf und Ab über die Gipfel der Nagelfluhkette. Das Gestein, das dieser Region ihren Namen gab, ist etwas ganz Besonderes. Vor langer Zeit lagerten Flüsse in einem großen Becken rund geschliffene Steine verschiedener Arten und aus unterschiedlichen Regionen ab. Später löste sich aus dem Wasser Kalk und verband die Steine zu der außergewöhnlich aussehenden Masse, aus der heute hier die Felsen bestehen.
Für diesen sehr steil bergauf oder bergab führenden Weg braucht man stellenweise Trittsicherheit. Der manchmal fast senkrechte Abgrund links neben uns wird aber gut durch Zäune gesichert.
Fünfeinhalb Stunden lang kommen wir ohne Regen durch diese ungewöhnliche Region und sind immer wieder begeistert von den neuen Ausblicken, die sich im Nebel öffnen.
Dann regnet es ab und zu, doch nun sind wir bereits auf dem Abstieg ins Tal.
In Gunzesried essen wir in einer Sennerei ein leckeres Käsegericht und trinken dazu Buttermilch. Gut gestärkt marschieren wir weiter nach Sonthofen, das wir am späten Nachmittag erreichen. In einer Tankstelle holen wir uns Proviant für Abendessen und Frühstück, da wir heute oberhalb von Sonthofen in Tiefenbach in einer sehr ruhigen und empfehlenswerten Unterkunft ohne Frühstück übernachten.
Früher galt für mich bei Fernwanderungen die fast kompromisslose Selbstverpflichtung, die vorgegebene Route zu hundert Prozent einzuhalten. Inzwischen passe ich die Streckenwahl bei Bedarf den Umständen an. Heute gießt es am Morgen aus allen Kübeln. Die Berge stecken lückenlos im Nebel. So macht es keinen Sinn, den laut Beschreibung steilen und bei Regen rutschigen Aufstieg zum Tiefenbacher Eck zu marschieren. Dort würden wir heute wirklich nichts außer Grau sehen. Daher entscheiden wir uns, eine Variante über Bad Hindelang und Oberjoch zu wählen. Diese Route ist zwar komplett asphaltiert, aber dennoch recht reizvoll, vor allem die autofreie alte Jochstraße zum Oberjoch, an der viele schöne Bäume stehen.
Gegen 11 Uhr treffen wir dann nahe Unterjoch wieder auf den Maximiliansweg. Inzwischen geben die Wolken zumindest die niedrigeren Berge in der Umgebung frei, auch die Sonne scheint nun vereinzelt.
Die Route von Unterjoch zum Restaurant Rehbach gefällt uns gut, der Abstieg vorbei an einigen außerordentlich idyllischen Fleckchen am Ufer der Vils noch besser. Da abgesehen von einem kurzen Regenintermezzo jetzt oft die Sonne scheint, macht das Wandern so richtig Spaß.
Die letzte Stunde hinab nach Pfronten ist dann nicht ganz so spannend.
In Pfronten steigt Annette wie geplant gegen 15:30 in den Bus nach Füssen. Ich gebe ihr die schwereren Bestandteile meines Gepäcks mit und kann daher die letzten Kilometer mit einem deutlich leichteren Rucksack zurücklegen.
Die Leichtgepäcketappe nutze ich nun für eine Portion Trailrunning-Training. Noch stecken mir meine Wettkampf-Jahre so sehr im Blut, dass ich mich nicht ausschließlich auf Wandern beschränken will. Dies wird sich im Laufe der Monate ändern. In hohem Tempo marschiere ich den steilen Trail bergauf. Das macht so richtig Spaß!
Schließlich erreiche ich den Falkenstein mit der höchstgelegenen Burgruine Deutschlands. Starker Dunst schränkt den Genuss der normalerweise schönen Aussicht stark ein.
Laut Höhenprofil im Wanderbuch geht es vom Falkenstein bis Füssen nur noch bergab. Stattdessen führt der Weg mit viel Auf und Ab mal am Grat entlang, mal rechts oder links des Bergrückens, was viel mehr Zeit als erwartet kostet. Inzwischen scheint die Sonne und die Sicht wird klarer.
Zwischendurch bietet sich ein schöner Blick hinab zum Weißensee. In der Ferne sind auch Hopfensee und Forgensee zu erkennen. Obwohl ich 2,5 Stunden lang in hohem Tempo marschiere und zwischendurch schnell laufe, erreiche ich den Alatsee viel später als geplant.
Am schönen Alatsee lädt mich das inzwischen wunderbare Sommerwetter zum Baden ein, aber ein Blick auf die Uhr zeigt, dass mir jetzt die Zeit für eine Rast fehlt.
Die letzten Kilometer bis Füssen sind meist asphaltiert, aber recht angenehm. Eigentlich wollte ich heute noch bis Hohenschwangau marschieren und dann mit dem Bus nach Füssen zurück fahren, doch Füssen erreiche ich erst gegen 20 Uhr und muss auf die letzten Kilometer verzichten.
Am frühen Morgen fahren wir mit dem Bus nach Hohenschwangau. Noch bevor die Völkerwanderung internationaler Touristen zum Schloss Neuschwanstein strömt, genießen wir in aller Ruhe den Blick auf Schloss Hohenschwangau und auf Neuschwanstein.
Auch am Gipfel des Tegelberg ist noch nicht viel los. Heute beschert uns Petrus endlich perfektes Wanderwetter.
Unter wolkenlosem Himmel marschieren wir durch eine hübsche Alpenlandschaft, anfangs auf leichtem Weg. Dann kommen wir zu einem Wegweiser, der uns die Wahl zwischen zwei Varianten bietet. Laut Wegweiser führt der Maximiliansweg über die Hochplatte, was eine ausgesprochen hochalpine Gratwanderung nur für sehr erfahrene Wanderer ist. Buch und Online-Medien beschreiben den Maximiliansweg aber über die als E4-Variante ausgeschilderte und viel leichtere Strecke durch das Lobental.
Ein etwas steilerer, aber problemloser Abstieg führt uns hinab ins Lobental. Danach geht es einige Zeit auf breiten Forstwirtschaftswegen bergab und dann wieder hinauf. Wir kommen sehr gut voran.
Wir sind optimistisch, dass wir heute recht früh unser Ziel erreichen. 4,5 Stunden soll es laut dem Rother Wanderführer (Auflage 2013) zur Brunnenkopfhütte dauern. “...für normale Wanderer gut zu bewältigen" steht hierzu im Buch. Diese Verharmlosung muss ich nun als gefährlichen Unsinn bezeichnen.
Am Anfang gefällt uns die Strecke hervorragend. Durch ein Blumenmeer steigen wir zu einem Pass auf, danach steil zu einer weitläufigen Wiesenlandschaft. Bei diesem tollen Panorama bereitet uns das Wandern viel Freude.
Doch dann führt der schmale Pfad meist direkt am Grat entlang über viele Stellen, an denen man Schwindelfreiheit, Bergerfahrung und sehr gute Trittsicherheit braucht. Mir bereitet dies keine Probleme, aber Annette war seit zehn Jahren nicht mehr mit schwerem Rucksack wandern und auf anspruchsvollen Bergstrecken unterwegs.
Immer mehr kniffelige Kletterpassagen kosten viel Nerven. Diese auf der Wanderkarte als gepunktete Linie eingezeichnete alpine Route ist unserer Meinung nach absolut nichts für “normale Wanderer”. Landschaftlich ist dieser Weg ein Traum, aber das Klettern für Annette ein Albtraum. Lasst Euch von den Fotos nicht täuschen. An den richtig schweren Stellen musste ich aufpassen, dass Annette gut hinauf bzw. hinab kommt, da hatte ich keinen Nerv zum Fotografieren.
Wir sind heute nicht die einzigen Maximiliansweg-Wanderer, die sich über die zu harmlose Einschätzung im Buch ärgern. Unterwegs treffen wir zwei, die sogar noch langsamer voran kommen. Wir brauchen statt der angegebenen 4:30 für diesen Übergang 5:50, die anderen noch deutlich länger.
Allen nicht in alpinen Touren erfahrenen Wanderern empfehle ich ausdrücklich, ab dem Pass oberhalb der Kenzenhütte die E4 Variante über Schloss Linderhof zu wählen.
Wir sind sehr froh, als wir endlich die Brunnenkopfhütte erreichen. Nach Spinatknödeln und zwei Bier zum Abendessen lässt das schöne Abendlicht vor dem auf 1602 m stehenden Alpenvereinshaus meine Seele jubeln. Ich liebe es, vor einer Hütte zu sitzen und zu beobachten, wie sich das Licht und die Farbe der Berge immer mehr ändern.
Früh brechen wir auf. Mit geringen Höhenunterschieden spazieren wir mal durch schönen Wald, mal über Wiesen mit weiter Aussicht. So macht Wandern wieder richtig Spaß!
Am August-Schuster-Haus, auch Pürschlinghaus genannt, trinken wir etwas, dann beginnt ein noch leichterer Abstieg über einen breiten Fahrweg.
In einem schattigen Tal flattern sehr viele Schmetterlinge. Als wir uns kurz auf eine Bank setzen, um etwas zu essen und zu trinken, landen viele Schmetterlinge auf unseren Rucksäcken, Händen und Armen. Sie freuen sich über unser ausgeschwitztes Salz. Uns gefällt es, die kleinen Kostbarkeiten aus unmittelbarer Nähe beim Salzlecken beobachten zu können.
Kurz vor Unterammergau führt der Weg durch die Schleifmühlklamm mit mehreren schönen Wasserfällen. Hier unten ist das Klima einigermaßen erträglich, aber bald darauf treffen uns in Unterammergau die mehr als 30 Grad wie ein Schlag.
Annette will nun mit dem Zug von Unterammergau nach Murnau fahren, um dort das Museum der Maler zu besichtigen Obwohl wir schon um 13:50 am Bahnhof Unterammergau ankommen, erreicht sie das Museum aber wegen Ausfällen bei Bahn und Bus zu spät.
Ich steige bei brutaler Hitze in Richtung Hörnle auf. Erschwerend kommt auf den ersten Kilometern hinzu, dass die Strecke meist auf Asphalt und komplett ohne Schatten bergauf führt. Normalerweise würde dieser Aufstieg vorbei an alten Bäumen und vielen Heuhütten wohl dennoch Spaß machen, aber nicht in dieser Sauna.
Endlich erreiche ich den Waldrand. Doch nun marschiere ich zwar im Schatten, schwitze aber nicht weniger, denn jetzt muss ich sehr steil auf einem außerordentlich stark verwurzelten Weg hinauf steigen. Bei einem verdrehten Wegweiser gehe ich in die falsche Richtung, aber immerhin führt mich dieser zehnminütige Umweg zu einem Brunnen, an dem ich meine leeren Flaschen auffüllen kann. So viel wie heute habe ich wohl seit dem Marathon in der Sahara nicht mehr an einem Tag getrunken.
Dann folge ich wieder dem Wurzelpfad, bis die Einsamkeit des Waldes innerhalb von wenigen Schritten durch eine lebhafte Menschenmenge ersetzt wird. Nahe einer Bergbahnstation sind heute bei der Hörnlehütte sehr viele Leute. Eine Weile setze ich mich neben das Gipfelkreuz und schaue hinab zu den vielen Seen im Flachland vor den Alpen.
Bald nach dem Gipfel bin ich wieder ganz alleine unterwegs. Ein einfacher Pfad führt in vielen Serpentinen durch monotonen Wald hinab nach Grafenaschau. Unten macht es dann wegen der brutalen Hitze keinen Spaß, zwei Stunden lang auf einer nahezu völlig flachen und schattenlosen Asphaltstraße zu marschieren! Den vielen Radlern, die hier auf einem Abschnitt des Königssee-Bodensee-Radwegs unterwegs sind, gefällt das sicherlich, aber für Bergwanderer ist das übel
Zum Abendessen sitzen Annette und ich ein Stück oberhalb von Eschenlohe auf der Terrasse eines Hotels mit schöner Aussicht und sehen in der Ferne viele Blitze über den Himmel zucken.
Inzwischen haben wir längst kapiert, dass die im Wanderführer für die einzelnen Abschnitte angegebenen Gehzeiten eher für schnelle Nordic Walker statt für normale Wanderer kalkuliert sind. Da im Buch für die zwei Etappen von Eschenlohe zur Tutzinger Hütte knapp 13 Stunden angegeben werden, ging ich bei der Planung davon aus, es problemlos in 10-12 Stunden zu schaffen. Nun sehe ich auf wanderkompass.de, dass dort dafür mehr als 18 Stunden angegeben werden. Wahrlich ein gewaltiger Unterschied, wenn man sein Ziel noch bei Tageslicht erreichen will! Daher fährt Annette auch heute wieder ein Stück mit dem Bus außen herum. Ich starte bereits um 5:50 Uhr, verzichte auf Frühstück und marschiere in hohem Tempo bergauf.
Laut Buch dauert der Aufstieg zur Heimgartenhütte 4,5 Stunden, in Eschenlohe zeigt ein Wegweiser dafür 5,5 Stunden an, durch meinen Sprint in Wettkampftempo komme ich nach etwas mehr als drei Stunden an der schön gelegenen Hütte an.
Der Blick hinab zu vielen Seen und hinüber zu vielen Alpengipfeln begeistert jeden Wanderer.
Dann geht es hinab zu einem der schönsten Streckenabschnitte des Maximilianswegs. Der Grat zwischen Heimgarten und Herzogenstand zählt zu den faszinierendsten Wanderzielen im deutschen Alpenraum. Und obwohl man auch hier Trittsicherheit und Schwindelfreiheit braucht, ein paar Mal auch die Hände für leichte Kletterei einsetzt, halte ich diesen im Gegensatz zu dem was wir vorgestern erlebt haben für einfach und ungefährlich.
Der sehr gut ausgebaute Weg führt hervorragend gesichert mit viel Auf und Ab über einen schmalen Grat. Oft geht es daneben auf beiden Seiten steil abwärts, aber bei trockenem Wetter besteht keine Rutschgefahr. Das Beste an dieser Strecke ist aber nicht ihre exponierte Lage, sondern der unglaublich schöne Blick nach rechts hinab zum Walchensee und nach links hinab zum Kochelsee.
Den Herzogenstand erreichen auch untrainierte Wanderer leicht mit einer Gondelbahn und danach auf einem einfachen, nicht allzu weiten Wanderweg. Traumpanorama auch für Spaziergänger – was will man mehr!
Im Herzogenstandhaus trinke ich noch einmal etwas. 1,5 Stunden später komme ich 720 Höhenmeter weiter unten am Parkplatz Kesselberg an, wo Annette auf mich wartet. Nun marschieren wir gemeinsam auf schönem Weg zur Jocheralm und auf reizvoller und abwechslungsreicher Strecke weiter. Unterwegs fotografiere ich immer wieder Pflanzen und Bäume. Bei der hübschen Staffelalm ist eine längere Rast fällig.
Während wir etwas vespern, laufen zwei Hühner zwischen unseren Beinen herum und warten auf Brotkrümel. Als Annette ihre Hand etwas tief hält, pickt eines der Hühner sogar in das Brot, das sie hält. Nach den Hühnern kommt der Hahn selbst, stolziert würdevoll vor uns eine Parade ab, kräht und freut sich wie ein Star darüber, dass wir Paparazzi ihn pausenlos fotografieren.
Nun wirkt der Wald noch märchenhafter. Auch ein langer, anstrengender Aufstieg kann unsere Begeisterung für die Vegetation nicht bremsen.
Doch allmählich wundere ich mich mit jedem weiteren Höhenmeter stärker darüber, dass es noch immer bergauf geht. Eigentlich müssten wir nun schon viel weiter oben als die Hütte sein.
Die Erklärung finden wir, als rechts der Aufstieg zum Gipfel der Benediktenwand abzweigt, unser Weg zur Tutzinger Hütte nun aber wieder lange Zeit steil bergab führt. Endlich sehen wir die beeindruckende Felswand rechts vor uns, die Hütte links unter uns.
Abendessen und Frühstück vor solch einer Kulisse – was will man mehr?
Gut gelaunt marschieren wir am frühen Morgen wieder bergauf, wieder bergab, wieder bergauf, wieder bergab....
Je näher wir dem Brauneck kommen, desto mehr Touristen tummeln sich auf den einfachen Wegen nahe der Bergbahnstation. Starker Dunst schränkt die Fernsicht ein, doch auch die gestaffelten Grau-Schemen der Bergketten gefallen mir immer sehr gut.
Bereits während der letzten Tage plagte uns die Hitze, doch unten in Lengries ist es nun sogar noch schlimmer. Annette kürzt mit Bus bis zum Tegernsee ab, doch ich folge weiter dem Maximiliansweg hinauf zum Fockenstein. Oben raste ich lange mit Blick zum Tegernsee und zum Wendelstein.
Dann laufe ich hinab zum Tegernsee, wo wir in Bad Wiessee übernachten.
Eigentlich wollten wir heute eine extrem lange Strecke bis Brannenberg wandern, doch schon am Morgen wissen wir, dass wir das bei dieser mörderischen Hitze unmöglich schaffen können und am Nachmittag einen Teil mit der Bahn abkürzen müssen.
Am Morgen wandern wir auf einfacher und angenehmer Strecke von Tegernsee hinauf zum Wirtshaus Neureuth.
Schließlich erreichen wir den Schliersee. Dort fühlen wir uns heute selbst am Ufer wie in der Sauna.
Vom Schliersee fahren wir mit der Bahn zum Fuß des Wendelstein. Von hier wollen wir eigentlich zu Fuß zum Gipfel aufsteigen, doch da schon am frühen Mittag rings um uns herum dunkle Gewitterwolken aufquellen, folgen wir der Vernunft und fahren mit der Gondelbahn hinauf.
Als wir oben ankommen, ist der Himmel sogar noch dunkler und kalte Sturmböen umtosen uns. Welch ein Kontrast zur Hitze vor einer Stunde!
Doch zu unserer großen Überraschung regnet es nicht. Nach einer Stunde bessert sich das Wetter allmählich. Nur die Fernsicht verschwimmt ebenso im Dunst wie während der letzten Tage.
Wir haben heute auf einige Wanderkilometer verzichtet, konnten uns dafür aber mal etwas von den bisherigen Anstrengungen erholen und fast drei Stunden lang oben auf dem Gipfel bleiben. Mit der letzten Zahnradbahn fahren wir dann hinab nach Brannenburg.
Annette fährt mit Zug und Bus nach Hohenaschau und wandert heute nur den Aufstieg zur Sonnenalm. Mich führt der Maximiliansweg zuerst eine Stunde entlang einer Hauptstraße auf die andere Seite des Inntal. Zum Glück ist am frühen Sonntagmorgen noch kaum Verkehr. Werktags ist es hier sicherlich ein abgasreicher Etappenbeginn.
In Nussdorf gefallen mir die bunt geschmückten Häuser. Dann spaziere ich auf einem von sehr vielen Radfahrern genutzten Sträßchen auf einer idyllischen Route nach Mühlthal.
Dann marschiere ich hinauf zu einem sehr großen und gut belegten Wanderparkplatz.
Man sieht zwar an jedem Tag einige Schilder mit der Bezeichnung Maximiliansweg, häufiger die Aufschrift E4 (Europäischer Fernwanderweg 4), aber oft stehen an den Wegweisern nur die Namen von Almen und von Gipfeln, über die unsere Route nicht führt. Daher braucht man unbedingt ein Wanderbuch oder die ausführliche Streckenbeschreibung aus dem Internet, alternativ den GPS-Track. Heute steige ich versehentlich über eine andere Route auf als geplant. Diese ist aber ausgesprochen reizvoll und führt mich vorbei an einer kleinen, unbewirtschafteten Alm, zu der wohl nicht allzu häufig Wanderer kommen. Hier rede ich eine Weile mit dem Bauer, einer urigen Gestalt, die hervorragend eine Hauptrolle in einem klassischen Heimatfilm spielen könnte.
Dann erreiche ich den Hochriesgipfel von der Ost- statt von der Westseite.
Das Hochrieshaus bietet auch kulinarische Köstlichkeiten, die man allgemein nicht mit Alpenvereinshütten verbindet. Nach einem außergewöhnlich guten Mittagessen wandere ich weiter.
Wieder lege ich einige Teile des Abstiegs als Läufer zurück. Unten in Hohenaschau weiß ich, dass ich mich auch beim nächsten Aufstieg sehr beeilen muss, da es oben auf der Sonnenalm nur um 19 Uhr Abendessen gibt.
Eine Weile suche ich hier unten nach einer Möglichkeit, Getränke zu kaufen oder wenigstens Wasser in meine Flasche zu füllen, dann gebe ich es auf und eile trotz der Hitze durstig weiter. Erst weit oben schütte ich dann bei einer Almhütte einen halben Liter Cola fast nonstop in mich hinein und tanke gleich noch einen halben Liter Apfelschorle nach.
In hohem Tempo marschiere ich bergauf, dann am Fuß der Kampenwand vorbei und erreiche gerade noch rechtzeitig zum Abendessen die Sonnenalm.
Am Fuß der Kampenwand vorbei erreiche ich gerade noch rechtzeitig zum Abendessen die Sonnenalm. Diese ist längst nicht mehr das, was man sich allgemein unter einer Almhütte vorstellt. Man kann sie eher als kleines, modernes und komfortables Berghotel bezeichnen. Außerordentlich stilvoll, sehr gutes Essen, tolle Lage, aber entsprechend auch unsere teuerste Nacht am Maximiliansweg. Doch es lohnt sich.
Die Hütte steht nahe der Bergstation der Kampenwandbahn direkt oben am Grat. Von der Terrasse blickt man auf einer Seite in Richtung Zentralalpen, auf der anderen Seite ins Flachland. Ein idealer Platz für den Sonnenuntergang!
Nach einem leckeren Frühstück marschieren wir zur Kampenwand, verzichten dort aber auf den etwas anspruchsvollen Abstecher hinauf zum Gipfel.
Auch der normale Wanderweg bietet auf der Südseite mit ein paar kleinen Kletterstellen wieder etwas mehr Spannung als Annette mangels Erfahrung mag. Doch sie kommt auch das seilgesicherte Stück wieder gut hinab.
Dann steigen wir zu einigen Almen ab, anschließend etwas langweiliger durch Wald hinab nach Marquartstein.
Als wir bisher glaubten, dass die Hitze nicht mehr größer werden könnte, irrten wir uns. Vor dem Supermarkt in Ortsmitte setzen wir uns eine halbe Stunde in den Schatten, essen etwas und trinken, trinken, trinken. Für den Aufstieg zum Hochgernhaus packen wir aufgrund des Saunawetter mehr Flaschen als gewohnt in die Rucksäcke. Unterwegs setzen wir uns mehrmals kurz in den Schatten und trinken erneut sehr viel. Nur so schaffen wir heute den Aufstieg.
Das Hochgernhaus ist fast genau das Gegenteil der Sonnenalm. Ich liebe Abwechslung. Mir gefallen trotz der großen Unterschiede beide Übernachtungsplätze sehr gut. Heute übernachten wir in einer kleinen, urigen und sehr familiären Hütte mit herrlicher Aussicht, sehr gutem Frühstück, und das alles etwa zum halben Preis von gestern.
Wir sitzen auf der Terrasse und beobachten die Murmeltiere am Hang oberhalb der Hütte. Nach einer Weile gehe ich hinauf und fotografiere eines von ihnen.
Kann ein Tag besser starten als mit einem vielseitigen und leckeren Frühstück in schöner Umgebung?
Nun führt uns der Abstieg zuerst etwas steil, aber unproblematisch durch ein herrliches Blumenmeer, später durch Wald, hinab zu mehreren Almen.
Bald sehen wir unser nächstes Ziel, den Hochfelln, steil vor uns aufragen.
Der Aufstieg zum Hochfelln führt im oberen Bereich über einen steilen, wurzeligen Trail mit einigen leichten Kletterstellen.
Heute fliehen bei dem sonnigen Wetter besonders viele Wanderer vor der Hitze im Tal und kommen mit der Bergbahn hier herauf. Für manche Vögel ist dies ein Festtag. Bis auf wenige Zentimeter kommen sie auf dem Tisch an uns heran und warten darauf, dass auch für sie etwas von unserem Mittagessen abfällt. Sobald ein Teller unbeobachtet steht, wird das Menü für sie eröffnet.
So lange wie möglich bleiben wir hier oben, doch schließlich müssen auch wir hinab ins überhitzte Tal. Annette fährt mit dem Bus von Ruhpolding nach Inzell. Ich wandere natürlich auch dieses Strecke, zuerst auf einem sonnigen Radweg. In einem schattigen Tal kann ich mich von der Hitze erholen. Dann geht es hinauf auf sonnige, jetzt am Abend aber nicht mehr zu warme Weideflächen. Am Froschsee setze ich mich eine Weile in den Schatten. Nach einigen Kilometern durch angenehme Kulturlandschaft erreiche auch ich Inzell.
Im Urlaub lege ich keinerlei Wert auf Komfort. Mir ist alles recht, egal ob spartanische Hütte oder billiges Hostel. Wenn aber der Frühstücksraum in einem Hotel mittlerer Preisklasse in einem fensterlosen Keller mit gesundheitsgefährdendem Sauerstoffmangel ist, dann werde sogar ich sauer. Wir sind froh, als wir endlich wieder hinaus an die frische Luft dürfen. Nun spazieren wir eine Weile über Weideland, vorbei am schönen Weiler Einsiedl, dann durch Wald bergauf.
Wie schon oft während der letzten Tage sehen wir auf den Wegen vor uns immer mal wieder große und kleine Frösche. Es wundert uns, wieso sie so weit den Berg hinauf wandern, wo es nirgends einen Teich gibt. Ich finde es merkwürdig, dass ich auf dem alpinen Maximiliansweg sehr viel mehr Frösche sehe als am 66-Seen-Weg.
Leider ist es heute besonders dunstig. Von der Kohleralm könnte man erstmals einen schönen Blick zum Watzmann genießen, doch dieser verschwindet heute fast im Grau.
Das Höhenprofil im Buch lies zwischen Kohleralm und Zwieselalm eine eher leichte Strecke erwarten, statt dessen wechselt der sehr verwurzelte Weg lange Zeit alle paar Meter zwischen steilen Auf- und Abstiegen. Dazwischen bremsen uns Felsen mit leichten Kletterpassagen. Trittsicherheit und manchmal auch Schwindelfreiheit sind oberstes Gebot. Ungeübte Wanderer sollten auch hier deutlich mehr Zeit als angegeben einplanen.
An der Zwieselalm rasten wir. Bei einer Almhütte Buttermilch trinken, ist für mich schon fast ein Ritual auf alpinen Wanderungen.
Dann wandern wir auf leichter Strecke hinab nach Bad Reichenhall. Diese Stadt hat das schönste Gradierwerk Deutschlands. Auch die Saline mit ihren gigantischen Wasserrädern sollte man unbedingt besichtigen.
Während Annette in der Saline abkühlt, marschiere ich noch ein paar Kilometer in Richtung Berchtesgaden.
Die nächsten Stunden bieten aber außer ein paar Infotafeln zum Thema Salzhandel und -transport und einem netten Picknickplatz wenig Interessantes. Ab Hallthurm sehe ich ab und zu den Watzmann vor mir.
Unsere letzten 1,5 Stunden auf dem Maximiliansweg sind nicht spektakulär. Bequeme Wege, anfangs wieder Blick zum Watzmann, dann erreichen wir Berchtesgaden. Wir ergänzen unsere Wanderung auf dem Maximiliansweg noch um vier schöne Wandertage am Königsee.
Wahrscheinlich kennt jeder von Euch Wanderfreunde, die bisher noch keine Ahnung davon haben, dass ich Fotos und Beschreibungen zu mehr als 12.000 km auf Fernwanderwegen sowie mehr als 2200 km auf kürzeren Tageswanderungen vorstelle. Teilt es ihnen auf Eurer eigenen Homepage oder Euren Social Media Account mit, damit sich auch Eure Freunde viele Anregungen zu einer schönen Tour holen können.
Im Buch „Der Deutschland-Wanderer“ erzähle ich viel mehr als im Internet über meine Erlebnisse und persönliche Eindrücke beim Abenteuer Fernwanderung auf den ersten 10.000 Kilometern und beschränke dafür die online stehenden umfangreichen Streckenbeschreibungen auf die wesentlichen Elemente. Weitere Infos stehen hier: https://d-wanderer.de/aktuelles.php