Der offiziell in 17 Etappen eingeteilte, als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ zertifizierte Weg führt 287 km weit auf einer relativ leichten, hervorragend markierten Strecke über das Erzgebirge und durch das Vogtland. Wer gerne weit abseits von Verkehrs- und Industrielärm durch die Natur wandert, der ist hier am rechten Fleck. Ich lege ihn in 9 Tagen zurück.
Zwei Stunden nachdem ich den letzten Kilometer auf dem Malerweg gewandert bin, sitze ich bereits in einem sehr günstigen Hostel in Geising, dem Startort des Kammweg.
Am Morgen regnet es in Strömen. Über den ersten hohen Gipfel am Kammweg, den Geisingberg, wandere ich im dichten Nebel. Normalerweise verzichte ich bei Fernwanderungen meist auf Museumsbesuche, aber wegen der heftigen Dauerdusche besichtige ich heute in Altenberg die interessante Ausstellung im Bergbaumuseum. Es lohnt sich! Nur auf die Fahrt in den Stollen verzichte ich, das würde dann doch zu lange dauern. Von der großen Pinge sehen ich wegen dem Nebel leider nichts.
Bald marschiere ich durch schöne Hochmoorwälder. Der Weg gefällt mir. Eine Schutzhütte am 905 m hohen Kahleberg bietet mir die willkommene Gelegenheit, etwas im Trockenen zu essen. Auf die Aussicht muss ich im Dauergrau auch hier verzichten.
Meine Rast dauert nur sehr kurz, da es bei weniger als 5 Grad zu kalt ist, um lange sitzen zu bleiben. Dieser 9. September fühlt sich wie ein Novembertag an. Weiter geht es durch die Hochmoorvegetation.
Die erste Etappe ist ein Musterbeispiel dafür, wie abwechslungsreich Wald sein kann. Unter anderem komme ich auch durch ein Naturschutzgebiet mit uralten Buchen. Dann führt der Kammweg einige Kilometer auf dem Damm einer über 100 Jahre alten und erst 1972 stillgelegten Bahnstrecke weiter.
Auch die folgenden Kilometer sind recht leicht. Gegenüber sehe ich fast baumlose Berghänge. Dazwischen ist unten im Tal die Grenze zur Tschechischen Republik. In fünf Minuten wäre ich drüben. Nur noch Schilder weisen auf den Landeswechsel hin.
Nach stundenlanger Kälte, Nebel und Regen bin ich froh, als ich das gebuchte Hotel in Holzau erreiche. Zehn Minuten nach meiner Ankunft sitze ich dort bereits in der Sauna und friere endlich nicht mehr.
Am nächsten Morgen löst sich schon während dem Frühstück der Nebel auf.
Nach der Waldetappe von gestern wandere ich heute am Vormittag meist über sonnige Wiesen und Felder mit weiter Aussicht, dazwischen natürlich auch ab und zu durch Wald.
Die abwechslungsreiche Strecke gefällt mir. Den ganzen Tag über ist der Weg recht leicht.
Unterwegs komme ich u.a. am Sächsischen Brauereimuseum, an einem Glashüttenmuseum und einem Nussknackermuseum vorbei. Die Nussknacker sind ebenso wie Räuchermännchen und Weihnachtspyramiden mehr typische Erzeugnisse des Erzgebirge, vor allem aus dieser Region.
Vom Gipfel des Schindelberg blicke ich in allen Richtungen weit über das Land.
Seiffen wird auch als Spielzeugdorf bezeichnet, da hier fast an jeder Ecke die für das Erzgebirge typischen Holzwaren produziert und auch verkauft werden. Den Besuch des Spielzeugmuseums lasse ich zwar aus, aber am Schaufenster eines Geschäfts, in dem faszinierende Miniaturwelten in Streichholzschachteln verkauft werden, bleibe ich lange mit großer Begeisterung stehen. Ich bin absolut kein Freund von Dekorations- oder Geschenkartikeln, aber diese hier finde ich genial.
Nach einem recht entspannten Wandertag erreiche ich Olbernhau, das direkt an der deutsch-tschechischen Grenze liegt.
Gleich am Ortsrand führt der Weg durch das große Gelände der Saigerhütte, die mit mehr als 20 historischen Gebäuden eines der größten und faszinierendsten Monumente der inzwischen zum UNESCO-Welterbe zählenden Montanregion Erzgebirge ist.
Leider muss ich mich darauf beschränken, die Gebäude von außen anzuschauen. Da heute eine besonders lange Wanderstrecke vor mir liegt, kann ich nicht bis zur Öffnung des Museums warten. Schade! Vor allem den alten, mit Wasserkraft betriebenen Kupferhammer, der den Besuchern noch immer in Aktion vorgeführt wird, hätte ich gerne gesehen.
Ein bequemer Weg führt mich durch Buchenwald bergauf, nur wenige hundert Meter von der Grenze entfernt.
Am Stößerfelsen blicke ich hinüber ins fremde Land. Drüben sieht der Wald genau so aus wie hier. Für die Pflanzen und Tiere gibt es keine Trennung der Nationen. Die Menschen dort drüben wuchsen mit einer völlig anderen Geschichte und einer anderen Politik auf, hören andere Musik, lesen andere Bücher, sehen andere Filme und Fernsehsendungen. Doch trotz aller räumlich und historisch bedingter Unterschiede sind die Träume und Hoffnungen der Menschen auf beiden Seiten gleich, und ich hoffe, dass irgendwann die letzten Grenzen verschwinden.
Bei Rübenau erreiche ich dann wieder eine sonnige, offene Landschaft. Der Kammweg führt in großem Bogen um die Streusiedlung herum, mit vielen schönen Aussichtspunkten und dazwischen einem Abstecher in den Wald zu einem See.
Auch heute bleibt die Strecke den ganzen Tag überraschend leicht. Es gibt nahezu keine steilen Abschnitte und nur wenige felsige oder stark verwurzelte Pfade. Die meist bequemen Wege eignen sich gut zum Entspannen. Dazu bietet die Strecke heute wieder sehr viel Abwechslung.
Der Grüne Graben wurde angelegt, um Wasser aus den umliegenden Tälern zur Nutzung im Bergbau zu führen.
Zwischendurch wandere ich durch ein kleines Hochmoor. Gerne hätte ich hier noch einen Abstecher auf den Moorlehrpfad gemacht, aber der Bohlensteg wird gerade erneuert.
Vom 889 m hohen Hirtstein habe ich wieder eine sehr weite Aussicht. Vor allem begeistern mich hier oben die spektakulären Basaltformationen.
Bald darauf bin ich dann im kleinen Weiler Schmalzgrube in einer äußerst günstigen Ferienwohnung auf dem Gelände eines alten Hammerwerks. Hier stehen auch ein 1659 erbauter Holzkohlehochofen, in dem Roheisen produziert wurde und das fotogene Hammerherrenhaus.
Am Morgen führt mich der Kammweg zuerst zwischen dem plätschernden Bach Schwarzwasser und der Trasse der Preßnitztalbahn voran. Leider fährt heute Morgen hier kein Dampfzug an mir vorbei.
Einige Zeit wandere ich dann meist durch Wald, auch hier ab und zu entlang reizvoller Bäche, manchmal wieder direkt an der Grenze entlang.
Dann marschiere ich auf den 897 m hohen Bärenstein. Von oben blicke ich hinab zur Talsperre Cranzahl und hinüber zum Fichtelberg, auf den ich morgen früh steigen werde.
Die Jugendherberge von Neudorf liegt etwa eine halbe Stunde abseits des Kammwegs, was aber insgesamt keinen Umweg bedeutet, da ich morgen von hier direkt zum Kammweg hinauf kann. Der Weg zur Herberge führt eine Weile über den Erlebnispfad Bimmelbahn, wo mir der Dampfzug der Fichtelbergbahn entgegen kommt.
Der Tag beginnt mit dem langen Aufstieg zum 1215 m hohen Fichtelberg. Zur höchsten Erhebung Mitteldeutschlands kommen viele Touristen mit dem Sessellift oder mit Deutschlands ältester Seilbahn.
Samstags wird hier die vor einigen Jahren zur Erinnerung an die deutsche Wiedervereinigung aufgestellte Friedensglocke geläutet.
Bei jedem Fernwanderweg gibt es zwischendurch auch weniger spannende Etappen. Heute führt der Kammweg fast nur durch Wald mit wenig Aussichtspunkten. Nur selten wandere ich kurz durch offenes Gelände, vor allem in der Nähe von Rittersgrün.
Doch obwohl ich diese Etappe recht langweilig finde, hat sie auch ihre guten Aspekte. Weit abseits von allem Verkehrslärm kann man hier absolute Ruhe genießen. Oft spaziere ich wieder unmittelbar an der Grenze entlang. Inzwischen führen viele Wanderwege und Skiloipen auch auf die böhmische Seite.
In Johanngeorgenstadt wundere ich mich zuerst darüber, warum es hier so viele große, gebührenpflichtige Parkplätze gibt. Gleich darauf erkenne ich am Grenzübergang zum tschechischen Potucky den überraschenden Grund. Auf der anderen Seite locken dicht gedrängte Souvenirläden, Duty-Free-Shops und jede Menge Ramsch unglaublich viele Touristen an. Ich würde in Johanngeorgenstadt gerne das Besucherbergwerk besichtigen, aber die einzige öffentliche Führung ist um 11:30 Uhr.
Der nächste Tag gefällt mir wieder besser. Nach einigen Kilometern blicke ich vom Aussichtsturm auf dem 1018 m hohen Auersberg weit in alle Richtungen.
Die nächsten Stunden vergehen recht abwechslungsreich. Wie inzwischen gewohnt ist der Weg nicht allzu schwer.
Danach folgt der Kammweg eine Weile recht idyllisch einem alten Wassergraben.
Zuletzt muss ich dann noch 3 km auf breiten Forstwirtschaftswegen hinauf nach Mühlleithen marschieren.
Die empfehlenswerte Pension Kammloipe liegt direkt am Wanderweg.
Am Morgen geht es zuerst noch einmal durch die Wälder des Erzgebirge. Bald führt der Weg an einer geologischen Besonderheit vorbei. Hier steht einer von nur zwei Topasfelsen in Deutschland. Ursprünglich war er etwa drei Mal so groß, aber durch Abbau schrumpfte er stark. Im 18. Jahrhundert wurden sogar die englische Krone mit 485 Topassteinen von hier geschmückt.
Noch ein paar Kilometer durch Wald, vorbei an einem idyllischen See, dann erreiche ich die Talsperre Muldenberg.
Der Kammweg führt mich meist sehr bequem weiter. Nahe Schöneck ist an einem See, der eine ehemalige Lehmgrube füllt, beim Ausflugslokal viel Betrieb.
Der Kammweg wechselt nun vom Erzgebirge in das Vogtland. Die Berge sind hier nicht mehr so hoch.
Auch diese offene Landschaft gefällt mir am ersten Tag ausgezeichnet. Heute kann ich hier viel Sonne tanken.
In Adorf führt der Weg an der Altstadt vorbei. Ich gehe durch eines der Stadttore ein paar Meter bis zum Marktplatz, wo ich ein Eis esse.
Weiter geht es durch ein idyllisches Tal und über sonnige Höhen.
Am frühen Abend erreiche ich Eichigt. Landgasthof Süßebach, in dem bei dieser Etappe wohl alle Kammwegwanderer übernachten, liegt abseits der Strecke. Da der Gasthof nicht auf der Wanderkarte steht, marschiere ich 2 km entlang einer Straße ohne begehbaren Randstreifen. Danach erfahre ich, wie ich auch durch den Wald wandern gekonnt hätte.
Wie gestern Mittag geht es auch heute mit dem Wald, Wiesen, Felder Mix weiter, nicht ganz so fotogen, aber recht nett. Mein verletztes Bein schmerzt zwar noch immer, aber inzwischen kann ich wieder halbwegs normal wandern.
Talsperre Dröda, an der ich zwei Mal vorbei komme, hat momentan einen sehr niedrigen Wasserstand. Kein Wunder nach dem trockenen Sommer!
Der schönste Streckenabschnitt des Tages ist ein Pfad, der mich durch urige Vegetation auf einem mit kleinen Felsen besetzten Bergrücken führt.
Kurz darauf erreiche ich die Ruinen der beiden ehemaligen Wallfahrtskirchen Burgstein. Eine der beiden Kirchen war ein beachtlich großes Gemäuer.
Nach ein paar Kilometern erreiche ich Gutenfürst. Da ich keine Übernachtungsmöglichkeit an diesem Streckenabschnitt gefunden habe, muss ich mit dem Regionalzug in die wenige Minuten entfernte Stadt Hof fahren.
Kurz vor acht Uhr komme ich wieder in Gutenfürst an. Heute führt der Kammweg meist an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze entlang. Schon bald wandere ich auf einem Kolonnenweg.
Anfangs geht es mit nur geringen Höhenunterschieden über Felder. Manchmal verlässt der Kammweg den Kolonnenweg, um für eine Weile auf bequemeren Wegen weiter zu führen.
Nach einigen Kilometern erreiche ich das kleine Dorf Mödlareuth, das jahrzehntelang durch eine 700 m lange Grenzmauer aus Beton geteilt wurde.
Schautafeln und ein Museum informieren heute über diesen gruseligen Teil deutscher Geschichte. Im Außenbereich des Museums stehen u. a. ein Wachturm und verschiedene Arten der Grenzbefestigung. Auch ein Abschnitt der Mauer wurde als Zeitzeugnis erhalten, ebenso ein Stück weiter ein Teil des Grenzzauns mit Graben.
Dann erreiche ich die Sächsische Saale. Obwohl der Weg nur wenige Meter vom Ufer entfernt ist, kann ich das Wasser durch die dichte Vegetation nicht sehen. Dann führt der Weg hinauf zu zwei Aussichtspunkten, von denen sich ein herrlicher Blick bietet.
Bei Pottiga wurde eine Aussichtsplattform gebaut, die ein Stück über den Hang hinaus ragt.
Von Blankenberg blicke ich hinab nach Blankenstein, wo der Kammweg am Wanderportal endet. Hier beginnen bzw. enden auch der Rennsteig, der Fränkische Gebirgsweg und der Frankenweg.
Hier ist der Link zur Seite des Tourismusverband Erzgebirge e.V. mit den offiziellen Infos über diesen Weg: www.kammweg.de
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Im Buch „Der Deutschland-Wanderer“ erzähle ich viel mehr als im Internet über meine Erlebnisse und persönliche Eindrücke beim Abenteuer Fernwanderung auf den ersten 10.000 Kilometern und beschränke dafür die online stehenden umfangreichen Streckenbeschreibungen auf die wesentlichen Elemente. Weitere Infos stehen hier: https://d-wanderer.de/aktuelles.php