Die Nordseeinsel Amrum liegt im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Die Insel selbst zählt nicht zur Fläche des Nationalparks, die nur das Watt und das Meer ab der Küste schützt und als UNESCO Biosphärenreservat von weltweiter Bedeutung ist. Anders als auf der Nachbarinsel Sylt, zu der Leute auch wegen Partys und teuerem Lifestyle reisen, trifft man hier fast nur Menschen, die Naturgenuss und Ruhe suchen.
Im Westen der Insel begeistern Annette und mich einer der größten Strände Europas sowie die weite, herrliche Dünenlandschaft. Die Ostküste ist dagegen vor allem ein Paradies für Vogelfreunde.
Schon kurz nach der Ankunft unserer Fähre am Hafen von Wittdün erreichen wir nach sehr kurzem Spaziergang einen Promenadenweg mit Blick über die flache Landschaft am südlichen Ende der Insel. Dieser Kniephaken genannte Bereich ist im äußeren Bereich aus Naturschutzgründen für Menschen gesperrt. Auf den weiten Sandbänken, die bei Flut teilweise überspült werden, rasten sehr viele Vögel.
Als Annette und ich hier eine Stunde lang die Sandbänke beobachten, drängeln sich auf einer davon unglaublich viele Austernfischer. Nach einer Weile fliegen fast alle auf und schwärmen in dichtem Formationsflug umher. Im Hintergrund sehen wir die nahe Hallig Hooge.
An den Küsten des Wattenmeers ist alles durch den starken Wechsel zwischen Ebbe und Flut in stetem Wandel. Vom Panoramaweg wandern wir hinaus in Richtung Kniepsand.
Dann umgibt uns die faszinierende Szenerie des Kniepsand. Diese grandiose Strandlandschaft ist 10 km lang und 2 km breit. So weit man blickt, sieht man fast nur Sand, Sand und noch mehr Sand. Weit in der Ferne erkennen wir andere Menschen.
Seit ich beim Marathon Des Sables eine Woche lang durch die Sahara gelaufen bin, habe ich keine so faszinierende Ödnis mehr gesehen. Hier will ich am liebsten den ganzen Tag verbringen. Doch Amrum hat noch viel mehr zu bieten.
An der Grenze zwischen Meer und Strand liegen so viele Quallen, wie ich es noch nie gesehen habe.
Schließlich verlassen wir den Kniepsand und gehen in die fast ebenso große Dünenlandschaft.
Nicht weit von Wittdün entfernt ist in den Dünen der Wriakhörn-See, ein Süßwassersee, an dem viele Vögel leben.
Vom Wriakhörn-See führt ein herrlicher, wegen dem tiefen und weichen Sand etwas anstrengender Weg zum Leuchtturm.
Ich schlage für diese Inseln keine speziellen Wanderrouten vor, sondern empfehle, mit einer der kostenlosen Karten, die man bei der Tourist-Info bekommt, einfach kreuz und quer durch die Dünenlandschaft zu spazieren. Natürlich nur auf den ausgewiesenen Wegen und nicht abseits!
Manchmal kommt man dabei aus dem Dünengebiet heraus und spaziert zwischendurch am Rande eines Waldstreifens oder mal wieder unten am Kniepsand weiter.
Bisher kannte ich Fasane ausschließlich als scheue Vögel mit sehr hoher Fluchtdistanz. Auf Amrum sehe ich innerhalb von drei Tagen mehr Fasane als in meinem bisherigen Leben zusammengezählt. Hier haben sie überhaupt keine Angst vor den Spaziergängern. Oft spaziert man direkt neben ihnen vorbei. Einmal sehen wir sogar eine Henne mit drei Küken direkt neben dem Steg, und ein Fasan flaniert direkt hinter Annette über den Steg.
Nach einigen Kilometern in den Dünen wandern wir wieder eine Weile am Kniepsand entlang in Richtung Norden.
Unterwegs finden wir unter anderem die Schalen von Austern. Früher war lange Zeit die Ernte von Europäischen Austern ein wichtiger Wirtschaftszweig im Wattenmeer. Nachdem diese fast komplett ausgerottet wurden, setzte man hier importierte Pazifische Austern aus, die nun deren Rolle einnehmen.
Am Strand sehen wir sehr viele Schalen der Schwertmuscheln. Diese stammen ursprünglich aus Amerika und wurden Ende der 70er Jahre erstmals in Europa gefunden.
Für Natur- und Vogelfreunde ist die ehemalige Entenkoje einer der Höhepunkte auf Amrum. Wie auch auf den Nachbarinseln wurde hier früher ein See angelegt, in dem sich viele Enten versammelten.
Wenn genügend Vögel zusammen waren, trieb man sie durch lange, überdachte Kanäle. Am Ende der Kanäle wurden die Tiere dann getötet. Entenfleisch in Dosen war lange Zeit eine wichtige Einnahmequelle für die Inseln.
Heute werden hier natürlich keine Tiere mehr getötet. Das ganze Gebiet steht unter Naturschutz. Ein wunderschöner Bohlensteg führt außen herum.
Neben anderen Wasservögeln beobachten wir zuerst ein männliches Teichhuhn. Danach begeistert uns eine Weile dieser nicht besonders scheue Jungvogel.
Auf Amrum leben schon seit sehr, sehr langer Zeit Menschen. Bei Ausgrabungen fand man viele Überreste. Im nördlichen Bereich der Dünen wurde ein Haus aus der Bronzezeit rekonstruiert.
Heute sind innen im Haus unter dem Dachgebälk einige Schwalbennester, in denen die Jungen auf Futter warten. Ihre Eltern sind an Besucher gewohnt und fliegen an den Menschen vorbei durch die Tür zu den Nestern.
Ein Bohlensteg führt uns weiter zum Quermarkenfeuer Norddorf.
Wir übernachten in Norddorf. Dieser gemütliche Ort ist für uns eine fast perfekte Urlaubsidylle. Keine großen Hotels, nur viele schöne Häuschen und viel Stille, dazu eine mindestens stündliche Busverbindung zum Rest der Insel.
Nördlich von Norddorf erstreckt sich zwischen Deich und Dünen ein weites Marschland, in dem sich momentan vor allem abends unglaublich viele Graugänse versammeln.
Noch weiter nördlich führt ein Bohlensteg zu einem Vogelschutzzentrum. Die äußerste Nordspitze der Insel darf man aus Naturschutzgründen nicht betreten.
Hier sind nur sehr wenige andere Menschen unterwegs. Daher können wir in aller Ruhe Vögel beobachten.
Am Abend spazieren wir von unserer Unterkunft in Norddorf wieder zum Strand hinunter.
Eine Heringsmöwe scheint es gewohnt zu sein, dass sie bei Sonnenuntergang an einem Aussichtspunkt von Touristen gefüttert wird, denn sie wartet geduldig zwischen uns Menschen, bis die Sonne im Meer versinkt.
Eine Wanderung entlang der Ostküste bietet völlig andere Naturerlebnisse als die Touren im Westen. Ab Norddorf führt ein angenehmer Weg in Richtung Wittdün.
Hier sind die meisten Menschen mit dem Fahrrad unterwegs. Doch es lohnt sich viel mehr, diese Strecke zu Fuß zurückzulegen, denn nur so sieht man auch die vielen verschiedenen Vögel abseits des Weges.
Wir sind in diesem Jahr zur Vogelbrutzeit auf die Inseln gefahren, um auch viele Jungvögel zu sehen. Nächstes Jahr werden wir unsere Wattenmeer-Reise dann voraussichtlich zur Vogelzugzeit fortsetzen.
Heute sehen wir hier unter anderem Austernfischer, Säbelschnäbler, Enten und Gänse mit ihrem Nachwuchs.
Einen Vogel, der weit von uns entfernt im Gras sitzt, können wir nur mit Fernglas erkennen. Es ist eine männliche Pfuhlschnepfe. Kaum zu glauben, dass so ein kleiner, niedlicher Vogel den Weltrekort im Nonstop-Langstreckenflug trägt. Bei einem mit Sender ausgestatteten Exemplar wurden nonstop 11.600 km über den Pazifik gemessen!
Für eine Weile verlassen wir den Weg entlang der Küste, um einen kurzen Abstecher in den Ort Nebel zu machen. Auch hier stehen viele kleine, schöne Häuser, oft üppig mit Blumen dekoriert.
In Nebel sollte man unbedingt das Öömrang-Hus besichtigen, ein 1683 erbautes Kapitänshaus, in dem man nicht nur die damalige Einrichtung bewundern kann, sondern auch sonst viel über die regionale Geschichte erfährt.
Die Windmühle in Nebel kann auch von innen besichtigt werden. Der Blick auf die Mahlwerke fasziniert. Außerdem zeigt ein Museum in der Mühle viele verschiedene Themen zur Heimatgeschichte.
Auf dem Friedhof von Nebel stehen viele alte Grabsteine, deren wunderschöne Gestaltung zeigt, dass hier auch viele Kapitäne begraben wurden.
Zur Vogelbeobachtung braucht man natürlich entweder ein Fernglas oder eine Kamera mit gutem Teleobjektiv. Viele Vögel halten sich nur recht weit vom Wanderweg entfernt auf, so wie diese Steinwälzer. Wir haben Glück - die Männchen tragen momentan ihr wunderschönes Prachtkleid.
Später kommen wir an einem großen Wiesengebiet mit einem Wasserlauf und vielen Enten und Gänsen vorbei.
Beim Yacht- und Seezeichenhafen Wittdün ist neben dem Weg eine kleine Ausstellung mit Modellen von Leuchttürmen, die man durch eine Scheibe kostenlos bewundern kann.
Kurz darauf erreichen wir Wittdün und fahren mit dem Bus zurück nach Norddorf.