Am Wochenende legte viel Neuschnee in Mittel- und Norddeutschland den Verkehr lahm. Bei uns in Karlsruhe blühten dagegen bei angenehmen Temperaturen schon die Schneeglöckchen. Da nun laut Wetterbericht auch in der Rheinebene viel Schnee fallen soll, fahre ich nach Linkenheim und starte beim Baggersee Streitköpfle. Noch muss ich aber auf die weisse Pracht warten und beobachte eine Weile Haubentaucher und Blässhühner. Das Blässhuhn ist eigentlich gar kein Huhn sondern eine Ralle, daher wird es manchmal auch als Blässralle bezeichnet.
Der Wasserspiegel ist in den letzten Tagen schon stark gesunken. Die Flut reicht nicht mehr bis ganz an den Damm heran. Die zum Rhein führenden Straßen und Wege sind aber noch überschwemmt.
Jetzt sieht der Auwald endlich so richtig winterlich aus, wie ich es seit Wochen erhofft hatte.
In der Phase, wenn der Rhein nicht allzu sehr über die Ufer tritt, macht mir die Erkundung noch bzw. bereits offener Wege viel Spaß. Ein kurzer Weg am Ostufer des Kleinen Bodensee war vor wenigen Stunden noch komplett überflutet, jetzt kann ich ihn schon komplett begehen und muss nur an einer Stelle mit etwas Anlauf über eine kleine Wasserfläche springen.
Dass ich heute aber an der Stelle, wo im Nordwesten des Sees ein Durchlass angelegt wurde, mit dem bei Hochwasser der meist vom Rhein abgeschnittene Altrheinarm mit frischem Wasser versorgt wird, nicht trocken weiter komme, war mir von Anfang an klar. Die spannende Frage lautete nur, ob ich schon hindurch waten kann oder ob die Strömung noch zu stark ist.
Maximal 10 cm Wassertiefe - so etwas kann mich nicht aufhalten. Daher plantsche ich voran.
Mit klatschnassen und eiskalten Socken lege ich die restliche Strecke zum Parkplatz zurück, nicht ohne unterwegs noch ein paar Mal zu fotografieren.
Bei fünf Grad unter dem Gefrierpunkt hoffte ich darauf, heute viele Eisflächen fotografieren zu können, doch nur wenige stehende Gewässer werden von einer dünnen Eisschicht bedeckt.
In den letzten Jahren verzichten immer mehr Störche wegen der zunehmend warmen Winter darauf, in den Süden zu fliegen. Dieser hier scheint es zu bedauern, dass er jetzt alleine im Schnee stehen muss.
Auf dem Rückweg fahre ich noch kurz zur Insel Rott. Ein Teil der Straße steht noch unter Wasser, bis zu den Restaurants kann man heute aber bereits gehen. Wo die Flut erst vor kurzer Zeit endete, bedeckt eine teilweise bis zu drei Zentimeter dicke Schlammschicht den Boden. Daran kann man deutlich erkennen, wie wichtig so ein Hochwasser für die Nährstoffversorgung der Auwälder ist.
Egal wie oft ich in die Rheinauen gehe - jedes Mal sieht vieles anders aus als während der letzten Wochen. Vor allem heute und morgen sind mal wieder besonders außergewöhnliche Tage. Wer diese Zeit nur zuhause vor dem Fernseher verbringt, verpasst wirklich etwas.
Das Hochwasser ist inzwischen stark zurückgegangen, aber dennoch enden im Bereich Rappenwört noch viele Wege als Sackgassen vor einer nun gefrorenen Wasserfläche.
In der dünnen Neuschneedecke auf dem Eis bilden sich durch den sinkenden Wasserstand immer mehr Lücken. Der Auwald sieht hier wie ein abstraktes Gemälde aus.
An vielen Stellen blieb die Schneedecke noch auf der Höhe stecken, die sie beim Schneefall hatte. Inzwischen liegt die Wasseroberfläche aber bereits einige Zentimeter tiefer.
Im letzten Sonnenschein am späten Nachmittag sieht das Fleckenmuster auf dem Eis noch schöner aus als am trüben Tag gestern.
An den Stellen, wo der Wasserspiegel unter der Eisdecke besonders stark gesunken ist, bleiben nun nur noch bizarre Eisklumpen übrig, die wie aufgespiesst wirken.
Das Licht der untergehenden Sonne färbt den Auwald wunderbar rot. Ich liebe diese Momente!
Neben der Straße, die auf der Insel Rott zum Rhein führt, erkenne ich an den angeschwemmten Blättern und Gräsern im Gestrüpp deutlich, dass mir hier das Wasser vor einer Woche über den Kopf geflossen wäre.
Besonders faszinierend ist hier heute der Weg am Rheinufer. Das schmelzende und wieder gefrierende Eis bildete viele Tausend Eiszapfen.
Ich beobachte einen Eisvogel, einen Grünspecht und einen Schwarzspecht, aber sie sind zu weit weg, um sie zu fotografieren. Beim Rotkehlchen habe ich mehr Glück.
Die Blaumeisen haben seit dem letzten Jahr leider etwas mit uns Menschen gemeinsam. Auch diese schönen Vögel werden von einer Krankheit bedroht, die ihre Lungen schädigt. Bei ihnen ist aber kein Virus sondern ein Bakterium die Ursache.
Auf einer Wiese sitzt ein großer Schwarm Graugänse in der Abendsonne. Ursprünglich war die zweitgrößte europäische Gänseart ein Zugvogel, doch inzwischen bleiben immer mehr von ihnen hier.
Hier folgt Kapitel 5: https://d-wanderer.de/rheinauen.php?w=189&Wanderung=Rheinauen_Kapitel_5:_Vom_Winter_in_den_Fruehling
Wahrscheinlich kennt jeder von Euch Wanderfreunde, die bisher noch keine Ahnung davon haben, dass ich Fotos und Beschreibungen zu mehr als 12.000 km auf Fernwanderwegen sowie mehr als 2200 km auf kürzeren Tageswanderungen vorstelle. Teilt es ihnen auf Eurer eigenen Homepage oder Euren Social Media Account mit, damit sich auch Eure Freunde viele Anregungen zu einer schönen Tour holen können.
Und hier stehen Infos über mein Buch „Der Deutschland-Wanderer“, in dem ich von meinen Erlebnissen auf den ersten 10.000 km erzähle: