Nachdem ich in den ersten zwei Wochen des Jahres bereits acht Mal am Rhein war, fällt heute endlich auch genug Schnee für meine erhofften Winterimpressionen.
Da bei meinem neuen Rheinauenprojekt der stete Wandel dieses vielseitigen Lebensraum im Vordergrund steht, freue ich mich nun ganz besonders über das Weiß. Schon kurz nach Sonnenaufgang starte ich am ehemaligen Hafen bei Leopoldshafen.
Manche Bereiche des Waldes sind heute überflutet. Mit dem Schnee auf den dunklen Bäumen ergeben sich besonders schöne Spiegelbilder.
Man kann deutlich erkennen, dass der Wasserspiegel während der letzten Stunden gesunken ist.
Der winterliche Auwald wirkt wie das Kunstwerk eines auf schwarz/weiss fixierten Expressionisten.
Der besondere Reiz dieses Tages lockt außer mir noch viele weitere Fotografen in die Rheinauen.
3,5 Stunden lang fotografiere ich dieses faszinierende Wintermärchen. Gerne wäre ich noch ein paar Kilometer weiter gewandert, doch nun geht leider der Schneefall in Regen über. Egal, dieser Vormittag war klasse!
Auf dem Rückweg sehe ich ein Nutria. Die Heimat dieser auch Biberratte genannten Tiere ist Südamerika. Vor etwa 100 Jahren wurden sie zu Pelztierfarmen nach Deutschland gebracht, von wo aus sich entlaufene Tiere schnell in der Natur verbreiteten.
Obwohl ich in den letzten Wochen sehr oft die Rheinauen erkundete, wird es nie langweilig.
Auch heute entdecke ich wieder etwas, das ich in dieser Ausprägung noch nie zuvor gesehen habe. An einem Altrheinarm wächst Großer Algenfarn, eine im 18. Jahrhundert aus Amerika eingeschleppte Wasserpflanze. Der Algenfarn lebt in Symbiose mit einer Bakterienart, die Stickstoff aus der Luft aufnimmt und die Pflanze damit versorgt. Im Winter wandelt sich die Farbe der an der Oberfläche schwimmenden Blätter von Grün zu Rosa.
Unübersehbar gefallen die großen, rosa Schwimmteppiche nicht nur mir Fotografen. In diesem Gewässer tummeln sich auf engem Raum viel mehr verschiedene Enten, Schwäne, Reiher, Kormorane und Blässhühner als anderswo.
Da ich heute keine bestimmte Route wandern will, lasse ich mir sehr viel Zeit, dieses muntere Leben zu beobachten.
Wie bei den meisten Spaziergängen in den Rheinauen gehe ich auch heute ein Stück am Rheinufer entlang. Eine Weile schaue ich den Reiherenten zu. Am Altrhein und an den Baggerseen tauchen diese Wasservögel, die bis zu 4 m Tiefe erreichen können, oft unter, doch auf dem Fluss bleiben sie heute an der Oberfläche.
Viele Touren in den Rheinauen führen auch an Baggerseen vorbei, in denen noch Kies abgebaut wird. In wenigen Jahren oder Jahrzehnten wird sich auch dieser See in ein fast ungestörtes Naturparadies verwandeln.
In der Rheinebene ist es meist etwas wärmer als im Rest von Deutschland. Daher bleibt hier der Schnee deutlich seltener liegen bleibt als oben auf den Bergen. Gestern musste ich nur mit dem Auto fünf Minuten aus der grauen Rheinebene heraus fahren, um durch Schnee zu spazieren. Heute schneit es zumindest am frühen Vormittag auch hier unten.
Mit dem Schnee wirken die wilden Formen der Natur besonders chaotisch.
Leider fallen nun statt flauschiger Schneeflocken bereits dicke Regentropfen. Zuerst verzieren sie die Schneedecke mit einem Muster aus dunklen Löchern, doch bald verschwindet das frische Weiß.
Heute beträgt der Wasserstand bei Pegel Maxau etwa 5,5 Meter, ist also eher im durchschnittlichen Bereich. Für die nächsten Tage wird Hochwasser angekündigt. Am Samstagabend steigt das Wasser bis auf 8,51 m. Davon erzähle ich im nächsten Kapitel: https://d-wanderer.de/rheinauen.php?w=120&Wanderung=Rheinauen-Projekt_Kapitel_3:_Hochwasser
Mein Buch über meine 2018 bis 2020 gewanderten 10.000 Kilometer auf Deutschlands schönsten Fernwanderwegen unterscheidet sich inhaltlich stark von den Texten auf dieser Homepage. Online stehen die sehr umfangreichen Streckenbeschreibungen im Vordergrund, im Buch beschränke ich diese dagegen auf die wesentlichen Elemente und erzähle statt dessen viel mehr über meine Erlebnisse und persönlichen Eindrücke beim Abenteuer Fernwanderung. Weitere Infos stehen hier: