Da ich auf jeden Fall nach Rügen wollte, dort aber kein Fernwanderweg entlang der Küste führt, stellte ich eine Route zusammen, die auf dieser schönen Insel sowohl den spektakulärsten Teil der Ostseeküste als auch ruhige Wege am Boddenufer vereint. Wegen dem Beginn der Corona-Pandemie werden es in diesem Jahr für uns aber nur 58 km. Erst im September 2021 wandern wir dann weitere 73 km der damals geplanten Strecke. Für 2022 planen wir bereits eine Fortsetzung dieser Tour.
Seit einigen Tagen spukt das Gespenst der beginnenden Corona-Pandemie durch die Medien. Als Annette und ich nach Rügen fahren, sind wir davon überzeugt, dass es jetzt viel gesünder ist, auf der Insel am Strand zu wandern statt zuhause in der mit Viren infizierten Großstadt zu bleiben.
Am Samstagmittag kommen wir in Göhren an. Da wir bis zum Sonnenuntergang noch etwas Zeit haben, spazieren wir vom Südstrand auf die Landzunge bis zum Nordperd.
Am Sonntagmorgen fahren wir mit dem Bus nach Klein-Zicker, wo wir zuerst eine kurze Runde über die kleine Halbinsel spazieren.
Wir hatten als Reisezeit den März gewählt, weil wir unter anderem am Jasmunder Bodden viele Zugvögel fotografieren wollten. Nun bleiben uns nur ein paar Fotos von Vögeln im Meer.
Zwischen Thiessow und Göhren kann man viele Kilometer weit über den Sandstrand wandern. Im Sommer liegen hier sicherlich viele Badegäste, jetzt ist es herrlich ruhig.
Zwischendurch verlassen wir den Strand und wandern eine Runde über die Halbinsel Mönchsgut.
Die Landschaft auf dieser wunderschönen Halbinsel ist recht hügelig. Uns gefällt es hier sehr gut.
Vom Aussichtspunkt Bakenberg blicken wir zurück zur Halbinsel Klein Zicker.
Eigentlich wollten wir noch bis zum westlichen Ende der Insel wandern, doch wegen dem sehr kalten Wind gehen wir vorzeitig hinab nach Gager.
Auch die Strecke von Göhren bis Sellin können wir durchgehend am Strand wandern.
Als wir am Morgen in Sellin aufbrechen, ahnen wir noch nicht, dass dieser Tag und auch die restliche Woche völlig anders verlaufen werden als geplant.
Schon wenigen Minuten nach Verlassen des Hotels führt uns der Hochuferweg mit vielen kurzen Auf- und Abstiegen entlang der Steilküste.
Zu den Sehenswürdigkeiten auf Rügen zählt auch Prora. Dieser architektonische Schandfleck wurde von den Nationalsozialisten erbaut. Zum Glück sieht man den schier endlos langen Gebäuderiegel vom Strand aus kaum, da er hinter Kiefern verborgen ist. Ein Teil der Gebäude wurde frisch renoviert, andere Abschnitte stehen eher als Ruinen da.
Eigentlich wollten wir heute ohne Abkürzung bis Sassnitz wandern. Doch unterwegs klingelt mehrmals mein Handy und wir werden telefonisch darüber informiert, dass ganz Rügen nun wegen der Pandemie für Touristen komplett gesperrt wird und alle Hotels und Pensionen schließen. Für eine zehnstündige Rückfahrt nach Hause ist es nun aber zu spät, da wir ohne Auto unterwegs sind. Zum Glück dürfen wir heute noch in der gebuchten Unterkunft in Sassnitz übernachten und können dann morgen die Heimreise antreten.
Wir kürzen nun 7 km zwischen Neu-Mukran und Sassnitz mit dem Bus ab.
In Sassnitz bringen wir unser Gepäck in die Pension und wandern von dort aus 8 km durch den Nationalpark Jasmund entlang der Kreidefelsen. So können wir zumindest noch den schönsten Teil der Insel sehen.
Um 17 Uhr kommen wir beim Nationalparkzentrum am Königsstuhl an. Wir wissen, dass um 17.30 Uhr von hier ein Bus zurück nach Sassnitz fährt. ... Normalerweise!!! An der Haltestelle hängt ein Zettel, der darauf hinweist, dass wegen der durch Corona bedingten Schließung des Besucherzentrums vorläufig auch kein Bus fährt. Super! In einer Stunde geht die Sonne unter, wir würden für den Rückweg aber etwa 2,5 Stunden brauchen. Stirnlampen haben wir natürlich heute nicht dabei. An der Haltestelle steht auch eine junge Amerikanerin, deren Studium in Berlin momentan auch zwangsweise unterbrochen wurde und die nun die Zeit für einen Rügenurlaub nutzen wollte. Sie spricht kein Deutsch und hat nun keine Ahnung, was hier los ist und wie sie zurück kommen kann. Zum Glück sehen wir nun zwei Wanderer, die so spät noch hier oben unterwegs sind. Deren Auto steht am 3 km entfernten Wanderparkplatz Hagen. Mit denen können wir drei nun zum Parkplatz wandern und nach Sassnitz fahren.
In dieser Woche scheine ich ein echt mieses Karma zu haben. 800 m vor dem Bahnhof in Sassnitz stolpere ich über die Schienen des alten Hafenkrans und muss danach mit blutigem Gesicht und Händen im Zug sitzen. Wenn schon ein paar Tage früher als geplant nach Hause, dann auch so richtig doof! An den Tagen danach sieht mein zerschürftes Gesicht mit großen, dunklen Blutergüssen recht abschreckend aus.
Im September 2021 holen Annette und ich einen Teil der damals geplanten Strecke nach, ergänzt durch einige Tageswanderungen auf dieser herrlichen Insel. Diese Etappen stehen natürlich nicht in meinem vor einigen Monaten erschienenen Deutschland-Wanderer Buch.
An einem sonnigen Morgen starten wir wieder in Sassnitz und wandern durch die herrlichen Buchenwälder des Nationalpark Jasmund an der Steilküste entlang.
Im Sommer sieht die Küste hier natürlich noch viel schöner aus als im März. Der Farbkontrast zwischen grünem Wald, blauem Meer, dazwischen die weißen Kreidefelsen, begeistert uns.
Da die meisten Urlauber jetzt gerade beim Frühstück sitzen, können wir hier noch fast ganz alleine die Stille der Natur genießen. Die markanteste Formation der Kreidefelsen waren die Wissower Klinken, von denen 2005 aber große Teile ins Meer gerutscht sind. Wegen Abbruchgefahr sind auch viele andere Stellen direkt am Oberrand der Klippen gesperrt. Man kommt aber dennoch gefahrlos an viele schöne Aussichtspunkte.
Wer glaubt, eine Küstenwanderung sei immer nur flach, der irrt sich hier. Manchmal führt der Weg sogar über Treppen bergauf oder bergab.
An einer Stelle zweigt ein Wanderweg in eine der kleinen Schluchten ab, die durch den Wald zum Meer führen.
Unten am Strand fließt neben der Treppe ein kleiner Bach in einem Wasserfall hinab. Ein Stück weit spazieren wir unterhalb der Klippen. Sehr viele Wanderer gehen von hier direkt am Ufer entlang nach Sassnitz zurück. Doch dies ist kein offizieller Wanderweg, da jederzeit ein Stück der Klippen oder einer der oben am Rand schon bedenklich schräg stehenden Bäume abrutschen können. Dass die Natur hier ständig in Bewegung ist, sieht man unten an vielen Beispielen.
Nicht nur die Küste sondern auch der Wald im Nationalpark sind ein guter Grund dafür, dass dies eines der wichtigsten und beliebtesten Ausflugsziele Deutschlands ist.
Je näher wir dem Königsstuhl kommen, desto mehr Spaziergänger strömen uns von der Bushaltestelle und vom großen Wanderparkplatz entgegen. An zwei Aussichtspunkten müssen wir sogar eine Weile warten, bis auch wir nach vorne können.
Die Aussichtsplattform auf dem Königsstuhl kann man nur betreten, wenn man an der Kasse des Informtionszentrums Eintritt zahlt. Als wir die lange Warteschlange der aus einem Reisebus gestiegenen Rentner sehen, beschließen wir, heute darauf zu verzichten. Wir waren letztes Jahr schon dort oben und wissen, dass dies nicht der schönste Platz an den Kreidefelsen ist.
Zwischen Königsstuhl und Lohme treffen wir nur noch wenige Spaziergänger. Vom Meer her zieht für einige Zeit eine Nebelfront auf und verleiht dem ohnehin schon faszinierenden Buchenwald eine besonders intensive Atmosphäre.
Einmal führt uns der Weg kurz zu einem Kiesstrand, der nun wie ein verwunschener Fleck aus einer Sage wirkt.
Als wir Lohme erreichen, ist der Nebel bereits wieder verschwunden, so dass wir auf der Terrasse des Café Niedlich gemütlich mit Kaffee und Kuchen rasten können.
Wieder führt uns ein gut ausgebauter und markierter Weg einige Kilometer weit an der Steilküste entlang durch eine abwechslungsreiche und faszinierenden Vegetation.
Da es laut unserer Karte zwischen Bisamwitz und Glowe keine Wege gibt, wir also ein Stück entlang einer stark befahrenen Straße ohne Radweg marschieren müssten, verzichten wir hier auf eine lückenlos durchgehende Wanderstrecke und steigen bei Bisamwitz in den Bus.
Nach drei Kilometern Fahrt steigen wir bei Ruschwitz wieder aus dem Bus. 600 m weit müssen wir einer Straße nach Süden folgen, dann zweigt ein Weg rechts in Richtung Spyker See ab. Links sehen wir das wenig spektakuläre Schloss Spyker, in dem sich heute ein Hotel befindet. Auf einem stark frequentierten, aber landschaftlich recht angenehmen Fahrradweg spazieren wir nahe des Ufers voran.
Wir beschließen, nicht direkt von den beiden Seen nach Glowe zu gehen, und wandern noch eine Weile am Ufer des Großen Jasmunder Bodden, bis wir schließlich nordwärts zu dem für unseren Geschmack zu sehr vom Massentourismus geprägten Ort wandern.
Am nächsten Morgen marschieren wir von Glowe wieder zum Bodden und spazieren dort einige Kilometer weit am Ufer entlang. Noch nie sahen wir so viele Kreuzspinnen wie hier. Ich bin sicher, wenn wir alle rechts, links und über dem Weg hängenden Netze zählen würden, kämen wir auf mehr als Tausend pro Kilometer. Die Spinnen gefallen uns, die vielen Stechmücken dagegen nicht.
Nach etwa 8 km verlassen wir bei Breege das Ufer. Wie in vielen Dörfern an der Ostsee gefallen uns hier die bunten Häuser mit ihren Reetdächern.
Kurz darauf erreichen wir den Ferienort Juliusruh, der deutlich entspannter wirkt als Glowe. Nun können wir fast zwei Kilometer weit barfuss auf dem bequemen Sandboden am Strand spazieren.
Dann geht es auf dem von sehr vielen Radlern genutzten Weg oberhalb der Steilküste weiter. Wir kommen am Großsteingrab Nobbin vorbei, einer aus Findlingen errichteten Megalithanlage aus der Jungsteinzeit, mit 34 m Länge eines der größten Gräber Norddeutschlands.
Manchmal kommen wir an Aussichtspunkten vorbei, manchmal führt der Weg etwas abseits der Küste weiter.
Das ehemalige Fischerdorf Vitt steht heute komplett unter Denkmalschutz. Die Grundstruktur der Gebäude entspricht zwar wohl noch dem historischen Zustand, aber wer hier nostalgische Atmosphäre erwartet, wird vom Massenandrang an den Souvenirläden und Imbiss-Restaurants enttäuscht.
Ein Stück weit können wir nun bis zu einer Treppe am steinigen Strand unterhalb der Steilküste wandern. Der Bereich unmittelbar unter Kap Arkona ist aber schon seit vielen Jahren wegen Steinschlaggefahr gesperrt.
Kap Arkona, nach den Kreidefelsen das wichtigste Touristenziel auf Rügen - mehr braucht man über den Andrang wohl nicht zu schreiben.
Am frühen Morgen sind wir hier nun alleine unterwegs. Ab Kap Arkona führt unser Weg viele Kilometer weit am oberen Rand der Steilküste entlang.
Meist sehen wir hier das Meer aber nicht, da dichte Hecken am rechten Wegrand den Blick begrenzen. Links erstrecken sich hinter einem kleinen Waldstreifen meist weite, flache Ackerflächen. Ab und zu kommen wir natürlich auch hier zu Aussichtspunkten mit Blick zur Küste und mehrmals kann man hier auch zu Badeplätzen am Ufer hinab wandern. Ein Abschnitt des Weges führt uns durch einen Wald mit vom Wind herrlich verformten Bäumen.
Nun wandern wir fast vier Kilometer weit barfuss auf dem weichen Sand und sehen die ganze Zeit über den breiten Strand, dahinter die stark bewaldete Steilküste, rechts das Meer, aber so weit das Auge blickt kein Haus, kein Kiosk, keine Straße, nur in großem Abstand nicht allzu viele Badegäste.
Erst beim Feriendorf Fynnus verlassen wir den Strand und wandern nun wieder oberhalb der Klippen weiter. Bald erreichen wir bei der Kreptitzer Heide ein fotogenes Naturschutzgebiet.
Danach führt der Weg leider oft wenig spektakulär am Rand von großen Ackerflächen entlang. Schließlich erreichen wir Dranske. Dieser Ort an der Spitze einer Halbinsel gefällt uns überhaupt nicht. Den könnte man bei einer Küstentour auch gut auslassen, indem man ihn vorbei an Dranske Hof umgeht. Ab Dranske müssen wir 3,5 km auf dem Radweg neben einer verkehrsreichen Straße marschieren. Erst kurz vor dem Ort Kuhle können wir bei einer Fischräucherei mit von vielen Urlaubern bevölkerten Terrasse die Straße verlassen. Nun wandern wir auf dem Radweg mit Blick auf ein Schilfgebiet und den Wieker Bodden in Richtung Wiek.
Wiek gefällt uns deutlich besser. Große Rasenflächen mit Bänken am Ufer sowie ein netter kleiner Hafen mit einigen Restaurant- und Imbiss-Terrassen laden zur Rast ein.
Eigentlich wollten wir heute noch 8 km am Ufer weiter bis Wittow wandern, aber von dort würden wir am Abend nur noch sehr umständlich mit dem Bus zurück zu unserer Unterkunft in Sassnitz kommen. Daher beenden wir diese Küstentour in Wiek. Ich bin aber sicher, dass wir nächstes oder übernächstes Jahr unsere Küstenwanderung auf Rügen sowohl im Norden (inklusive Hiddensee) als auch im Süden fortsetzen werden.
Zusätzlich zur Küstenwanderung erkunden wir im September 2021 auch auf anderen Routen die Insel. Hier stehen meine Wandertipps: https://d-wanderer.de/sonstige-wanderungen.php?w=1353&Wanderung=Ruegen_-_Drei_Tageswanderungen_im_Nordosten_der_Insel
Mein im April 2021 erschienenes Buch unterscheidet sich inhaltlich stark von den Texten auf dieser Homepage. Online stehen die sehr umfangreichen Streckenbeschreibungen im Vordergrund, im Buch beschränke ich diese dagegen auf die wesentlichen Elemente und erzähle statt dessen viel mehr über meine Erlebnisse und persönlichen Eindrücke beim Abenteuer Fernwanderung. Weitere Infos stehen hier: https://d-wanderer.de/aktuelles.php