7. - 11.2.19

Harzer Hexenstieg im Winter

Deutschland-Wanderer Kilometer 2652 bis 2747

7.2.19 Osterode - Buntenbock 11 km

Der Harzer Hexenstieg hat verschiedene Streckenvarianten. Je nach Route ist die Strecke zwischen Osterode und Thale etwas mehr oder etwas weniger als 100 km lang. Ich wandere auf der Hauptvariante über den Brocken, dann weiter auf der Nordroute und zuletzt die Winterstrecke zum Hexentanzplatz.

 

Da der Brocken bei der Entstehung meines D-Wanderer Projektes eine wichtige Rolle spielte, ist der Harzer Hexenstieg für mich einer der wichtigsten Routen dieser zwei Wanderjahre. Jedes Jahr führt Anfang Februar ein 86 km langer Benefizlauf nonstop von Göttingen bis auf den Brocken. Auch ich erreichte bei der Brocken-Challenge schon zwei Mal das Ziel. Als ich im letzten Jahr aufgrund schon seit Monaten dauerhafter Magenschmerzen nach 42 km aufgeben musste, war dies der Tag, an dem ich die Entscheidung traf, meinen Job zu kündigen und einige Zeit nur zu wandern.

 

Am Nachmittag schaue ich mir zuerst in Osterode die Altstadt mit ihrer bunten Mischung aus Fachwerk- und Schindelhäusern an.

 

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© Günter Kromer— Osterode - Marktkirche
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© Günter Kromer

Bald verlasse ich den Ort und marschiere bergauf.

Am Hexenstieg komme ich oft an geschnitzten Hexenfiguren oder anderen Verzierungen vorbei. Manchmal wird auch Wissenswertes vermittelt. An einer Stelle wird anschaulich gezeigt, welch große Lasten früher die Frauen bei jedem Wetter und in jeder Jahreszeit täglich über den Berg schleppten. Normalerweise kann man hier sogar probieren, selbst einen 40 kg schweren Korb zu heben, doch heute ist dieser am Boden festgefroren.


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© Günter Kromer

An einem ehemaligen Rastplatz für Lastesel wird diesen Tieren ein hölzernes Denkmal gesetzt.

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© Günter Kromer

Der Weg, der heute recht bequem auf breiten Forstwegen bergauf und zwischendurch auch leicht bergab führt, ist an manchen Stellen vereist, so dass ich meine Spikes anziehe.

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© Günter Kromer

Nach zehn Kilometern zweige ich vom Hexenstieg ab und spaziere eine Viertelstunde hinab nach Buntenbock.

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© Günter Kromer

8.2.19 Buntenbock - Torfhaus 22 km

Diese Etappe steht ganz im Zeichen des zum UNESCO Welterbe zählenden Oberharzer Wasserregal.

Vor Jahrhunderten wurden hier 110 Teiche, 500 km Gräben und 30 km unterirdische Wasserläufe angelegt, um aus möglichst vielen Regionen Wasser zum Betrieb der zahlreichen Bergwerke zu sammeln. Schon bald komme ich an kleinen Stauseen vorbei. Mehrfach führt der Weg dann über Staudämme. Meist folgt die Route den aufwändig angelegten Kanälen.

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© Günter Kromer
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© Günter Kromer

Manchmal wurden die Kanäle mühsam an steile Hänge gemauert, Aquädukte überspannen Senken, Tunnels führen durch die Berge. Ich nehme mir Zeit, jede der zahlreichen Informationstafeln zu lesen und finde es außerordentlich faszinierend, welch komplexes System der Wasserversorgung hier im Laufe der Zeit entstand.

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© Günter Kromer

An einem über einen km langen Kanal konnte das Wasser je nach Bedarf sogar in beide Richtungen fließen, was man durch unterschiedliche Wasserhöhen an den Enden erreichte.

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© Günter Kromer

Bevor man die Bergwerke durch mit Wasserkraft angetriebene Schöpfräder entwässerte, musste das in die Stollen eindringende Wasser mit Eimern über Leitern an die Oberfläche getragen werden. Wie schwer diese oft von Kindern geschleppten Eimer sind, kann man hier an einer Stelle anschaulich ausprobieren.

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© Günter Kromer
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© Günter Kromer
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© Günter Kromer— Eisenquelle

Ohne meine Spikes könnte ich diese Etappe kaum bewältigen. Der Schnee auf dem Weg ist tagsüber getaut und nachts wieder gefroren, sodass ich heute viele Kilometer auf höllisch glattem Untergrund zurücklegen muss. Zum Glück kann ich mit meinen Yak Trax auch auf solch einem vereisten Boden bequem wie auf einem normalen Sommerweg wandern.

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© Günter Kromer— Eisglatt!

Etwa 5 km vor meinem Tagesziel verlasse ich dieses technische Wunder. Je höher ich komme, desto stärker wird das Eis durch bequemen Schnee ersetzt. Nun sehen die Bäume neben mir richtig winterlich aus.

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© Günter Kromer

In der Jugendherberge Torfhaus hängen vor meinem Zimmerfenster lange Eiszapfen.

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© Günter Kromer

9.2.19 Torfhaus - Drei Annen Hohne 19 km

Nun bin ich im Nationalpark Harz. Schon kurz nach dem Aufbruch folgt die Strecke erneut alten Wassergräben. Wie an einigen anderen Stellen im Harz stehen auch hier sehr viele abgestorbene Bäume. 

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© Günter Kromer

Von Torfhaus bis zum Gipfel folgt der Hexenstieg einer Route, die Goethe damals bei seiner Brockenbesteigung genommen hatte, die ihn wohl dazu bewog, die in der Walpurgisnacht auf dem Brocken tanzenden Hexen in seinem „Faust“ auf der ganzen Welt bekannt zu machen. Dieser Aufstieg ist eine stark frequentierte Touristenroute.

Nach einigen Kilometern erreiche ich den oberen Bereich des Brocken, den Sturm und Schnee im Winter immer in eine extrem bizarr geformte Märchenwelt verwandeln.

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© Günter Kromer
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© Günter Kromer

Zu einer Brockenwanderung zählt natürlich untrennbar auch ein Foto von dem schönen Dampfzug, der mehrmals täglich auf den Gipfel fährt. Doch heute lohnt sich das Warten auf den Zug nicht. Seit er vor wenigen Wochen gleich zwei Mal im tiefen Schnee stecken blieb und die Passagiere evakuiert werden mussten, fährt der Zug bei ungünstigem Wetter nicht mehr bis zum Brocken, so auch heute.

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© Günter Kromer

Der Brocken ist der kälteste und windigste Ort Norddeutschlands. Schon drei Mal war ich im Februar auf dem Gipfel, doch jedes Mal konnte ich oben wegen Nebel nur wenige Meter weit sehen.
Als ich heute hinaufkomme, weht mir der Sturm kleine, spitze Eiskörnchen direkt ins Gesicht. Bei Orkanwindstärke kann ich kaum aufrecht gehen. Wegen Nebel mit nur zwanzig Meter Sichtweite sehe ich den Eingang zum Brockenhaus erst im letzten Moment.
Doch eine halbe Stunde später scheint ab und zu die Sonne und in alle Richtungen habe ich eine weite Aussicht.

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© Günter Kromer

Auf dem letzten Wegstück zum Gipfel ist der Boden zwar gestreut, aber jetzt dennoch verdammt glatt. Kaum ein Wanderer kann bei den starken Windböen geradeaus gehen, die meisten werden zur Seite abgetrieben.
Zwei Stunden lang schaue ich begeistert dem "Brockenballett" zu, den vielen hundert Spaziergängern, die hin und her rutschen, zu Boden purzeln, sich mühsam aufrichten und wieder umgeblasen werden. Heute haben die Wanderer Glück, denn wegen der Brocken-Challenge sind Leute der Johanniter-Unfallhilfe und andere Helfer hier oben, die sie über die vereiste Fläche zum Eingang führen, wenn sie es nicht selbst schaffen.

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© Günter Kromer

Ich genieße die einzigartige Atmosphäre auf dem Brocken-Gipfel so lange, bis die ersten Läufer das Ziel erreichen. In diesem Jahr bin ich froh darüber, auch mal als normaler Wanderer hier heraufgekommen zu sein, doch ich fühle es tief in mir, dass ich irgendwann auch wieder als Läufer dabei sein will.

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© Günter Kromer— Brocken-Challenge Sieger Florian Reichert
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© Günter Kromer
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© Günter Kromer

Leider kann ich nicht warten, bis auch die schnellste Frau den Gipfel erreicht, denn ich muss noch einige Kilometer zu meiner Unterkunft wandern. Die ersten Kilometer führen über die heute wie eine Touristenautobahn wirkende Brockenstraße hinab

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© Günter Kromer

Danach treffe ich viele Kilometer weit auf dem recht gut gespurten Hexenstieg keinen einzigen Menschen. Meist führt der Weg ohne viel Aussicht durch den Wald. Nur einmal komme ich zu einem großen Felsen, der allerdings auch keinen spektakulären Fernblick bietet.

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© Günter Kromer

Am Abend sehe ich von meinem Hotelzimmer aus dann doch noch einen der Dampfzüge, der gegenüber in den Bahnhof Drei Annen Hohne fährt.

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© Günter Kromer

10.2.19 Drei Annen Hohne - Altenbrak 29 km

Heute ist vom Wetter her der übelste Tag meiner zwei Wanderjahre. Wäre es nur zwei oder drei Grad kälter, dann könnte ich zwischen dichten Schneeflocken durch die erhoffte Winterlandschaft spazieren. Stattdessen fällt den ganzen Tag über pausenlos eiskalter Regen. Am Anfang brauche ich auf einigen verdammt glatten Streckenabschnitten wieder meine Spikes.

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© Günter Kromer

Doch nach wenigen Kilometern unterschreite ich die aktuelle Schnee- und Eisgrenze.

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© Günter Kromer

Bei Königshütte rauscht ein hübscher Wasserfall eine Felswand hinab. Auch dieser ist nicht natürlichen Ursprungs sondern der Abfluss eines Kanals.

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© Günter Kromer

Zwischen Königshütte und Altenbrak stehen zwei etwa gleich lange Strecken zur Wahl. Ich wähle die Nordvariante, da sie an mehreren Stauseen vorbei führt und daher im Winter vermutlich interessanter ist als die andere, überwiegend durch Wald führende Route. Wie erhofft gefällt mir diese Route recht gut. Bei strömendem Regen kann ich natürlich keine attraktiven Fotos schießen, aber ich bin sicher, dass es hier bei Sonnenschein wunderschön ist.

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© Günter Kromer

Eine Weile folgt der angenehme Weg nun der Bode.

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© Günter Kromer

In Rübeland kann man im Sommer zwei Höhlen besichtigen. Im Winter ist nur eine der beiden geöffnet. Wegen der heute extrem langen Warteschlange am Eingang müsste ich 80 Minuten bis zur nächsten möglichen Führung warten. Dafür reicht mir die Zeit nicht, weil ich mein Ziel noch bei Tageslicht erreichen will.
Weiterhin folge ich der Bode abwärts, zuerst auf breiten Wegen, später auf schmalen Pfaden, die immer mal wieder bergauf und bergab führen.

Und wieder erreiche ich einen Stausee.

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© Günter Kromer

Dann steige ich einige Zeit durch den Wald bergauf, bis es wieder hinab geht und der Hexenstieg über die Staumauer eines Sees führt.

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© Günter Kromer
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© Günter Kromer

Nach diesem klatschnassen, eiskalten Tag bin ich froh, dass ich schon kurz nach meiner Ankunft im Waldhotel Altenbrak in der schönen Sauna sitzen kann. Und als ich anschließend im Restaurant gegenüber Forelle aus der Bode esse, erscheint mir dieser Wandertag trotz dem miesen Wetter rückblickend ganz nett.

Einige Menschen glauben, es sei ungesund, den ganzen Winter über bei jedem Wetter zu wandern. Doch trotz Regen, Schnee und Kälte ist dies wohl der erste Winter in meinem Leben, an dem ich keinen einzigen Tag mit Erkältung im Bett liege. Selbst von Husten oder Schnupfen bleibe ich auf meinen Wanderungen verschont.

11.2.19 Altenbrak - Thale 14 km

Zuerst wandere ich noch einige Kilometer entlang der Bode.

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© Günter Kromer

Bei Tresenburg stehen einige schöne, alte Hotels und Villen.

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© Günter Kromer— Tresenburg

Da während der Wintermonate der Weg durch das untere Bodetal wegen Steinschlaggefahr gesperrt ist, teilt sich hier der Hexenstieg erneut in zwei Varianten. Sicherlich wäre es auch sehr schön, durch das mit hohen Felswänden umrahmte Tal zu wandern, doch ich will ohnehin lieber hinauf zum Hexentanzplatz.
Da ich schon viele Fotos mit der Aussicht vom Hexentanzplatz auf die Felsen gesehen habe, erwarte ich hier einen romantischen Fleck mitten in der Wildnis. Doch dann erreiche ich einen riesigen Parkplatz, hinter dem sich Souvenirläden, Imbissbuden, Restaurants und ein Hotel drängen. Sogar eine Seilbahn führt hier herauf.

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© Günter Kromer

Dennoch fasziniert mich dieser Ort, denn der Blick hinab ins Bodetal ist wirklich super.

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© Günter Kromer— Aussicht ins Bodetal

Dann marschiere ich hinab nach Thale, wo der Hexenstieg am Bahnhof endet. Da es erst früher Nachmittag ist, fahre ich zuerst mit dem Zug nur bis Quedlinburg und habe dort zwei Stunden Zeit, mir diese großartige, zum Weltkulturerbe zählende Stadt anzuschauen.

Hier ist der Link zur Seite mit den offiziellen Infos für diesen Weg: https://www.harzinfo.de/erlebnisse/wandern/harzer-hexen-stieg.html

 

 

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© Günter Kromer— Thale

Sicherlich kennt jeder von Euch Wanderfreunde, die bisher noch keine Ahnung davon haben, dass ich hier Fotos und Beschreibungen zu mehr als 12.000 km auf Fernwanderwegen sowie mehr als 2200 km auf kürzeren Tageswanderungen vorstelle. Stellt diesen Hinweis auf Eure eigene Homepage oder Euren Social Media Account, damit sich auch Eure Freunde viele Anregungen zu einer schönen Tour holen können.
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© Günter Kromer