Da alle Wetterberichte für Mittwoch und Donnerstag wolkenlosen Himmel ankündigen, buche ich sehr kurzfristig die Übernachtungen in zwei Hütten. Am Mittwochmorgen komme ich gegen 10:40 Uhr mit dem Bus in Marquartstein an und wandere gleich in Richtung Hochgernhaus. Dieses ist eine private Berghütte mit sehr netter, familiärer Atmosphäre. Schon bald nach dem Aufbruch blicke ich hinab ins Tal der Tiroler Ache.
Eine Stunde lang wandere ich unterhalb der Schneegrenze. Dann sieht es um mich herum wieder richtig nach Winter aus. Die Aufstiegsroute ist auch im Winter leicht. Ich kenne diese Strecke bereits von meiner Wanderung auf dem Maximiliansweg.
Nach etwa zwei Stunden Aufstieg erreiche ich das Hochgernhaus auf 1461 m, wo ich meinen Rucksack in die Stube stelle und gleich weiter in Richtung Hochgern Gipfel marschiere. Bis zur Hütte war die Aufstiegsroute sehr leicht. Nun folge ich einer gut ausgetretenen Fußspur durch tieferen Schnee. Bald sehe ich den Gipfel vor mir.
Der Untergrund ist heute zwar recht problemlos, aber beim letzten, recht steilen Stück bis zum Gipfel bin ich dennoch froh, dass ich Grödel dabei habe.
Eine halbe Stunde lang bleibe ich hier oben und genieße den Blick zu vielen Dreitausendern und zum Chiemsee.
Dann steige ich wieder zum Hochgernhaus hinab. Wer für die Übernachtung ein Zimmer bucht, schläft im warmen Hauptgebäude, die Matratzenlager sind in einem ehemaligen Maultierstall etwas abseits und haben keine Heizung. In dieser Nacht schlafe ich mit Wollmütze und Handschuhen.
Vor dem Abendessen gehe ich immer wieder hinaus auf die Terrasse, um den Sonnenuntergang zu fotografieren.
Nachdem ich vor ein paar Tagen auf der Wander- und Fahrradreisen-Messe im Rahmen der CMT in Stutgart Vorträge über Fernwanderungen gehalten hatte, fragte mich jemand, was ich für mich bei meinen Wanderungen suche. Ich suche nichts, ich finde. Ich verbinde keine spirituellen Ziele mit dem Reisen, und bestimmte Vorgaben, was ich unbedingt sehen oder erleben will, habe ich schon lange nicht mehr. Viel mehr begeistert es mich, abzuwarten, was ich heute wieder völlig unerwartet erlebe, mit welchen kleinen Wundern mich die Strecke überrascht, wie sich Pläne spontan ändern können und wie sich daraus etwas vielleicht sogar schöneres entwickelt. In den letzten 20 Jahren kam es schon oft vor, dass mein Tag einen vollkommen anderen Verlauf nahm als ich noch beim Frühstück geglaubt hatte, und dies könnte man als eine der Essenzen meines Lebens betrachten. Nicht zuletzt ist es aber auch die Beschränkung auf die ganz einfachen Dinge, die für mich auf meinen Touren sehr wertvoll ist. Lieber ein einfaches Kaminfeuer statt einer edlen Bar im Hotel!
Wie bereits bei meiner Wanderung auf dem Maximiliansweg 2018 begeistert mich das sehr reichhaltige und leckere Frühstück im Hochgernhaus auch heute.
Anschließend wandere ich gemütlich hinab nach Marquartstein, wo ich 11:10 Uhr mit dem Bus nach Prien und von dort weiter nach Frasdorf fahre, wo die nächste Tour beginnt.
Ich wähle für den Aufstieg nicht den kürzesten und im Winter leichtesten Weg, sondern starte an der Bushaltestelle in Frasdorf. Von hier aus sind es knapp 10 km und 1000 Höhenmeter bis zum Hochries. Kurz wandere ich über Wiesen aus dem Ort heraus bis zum Wanderparkplatz Lederstube. Dann folge ich einem Forstwirtschaftsweg 2,5 km weit mehr oder weniger entlang dem Bach in Richtung Frasdorfer Hütte.
Bei Zellboden folge ich einem steinigen Weg rechts durch den Wald bergauf. Bald darauf marschiere ich über eine verschneite Almwiese.
Der Marsch durch den weichen Schnee wird immer anstrengender. Ab der seit Jahren geschlossenen Riesenhütte komme ich nur noch langsam voran.
Man merkt, dass auf dieser Route im Winter viel weniger Menschen unterwegs sind als auf dem sehr stark ausgetretenen Weg vom Parkplatz Spatenau.
Schließlich erreiche ich die Hochrieshütte, die zur DAV-Sektion Rosenheim gehört. Durch ihre Lage direkt auf dem Gipfel des 1569 m hohen Hochries hat man von hier einen weiten Rundblick. Wie bereits gestern im Hochgernhaus bin ich auch hier der einzige Übernachtungsgast und werde von den Wirten mit familiärer Herzlichkeit begrüßt.
Besonders begeistert mich hier oben der nächtliche Blick auf das Lichtermeer im Voralpenland bis zum fernen München. Schade, dass kein Foto diesen großartigen Anblick so schön zeigen kann!
Am nächsten Morgen muss ich auf Fotos vom Sonnenaufgang verzichten. Dichter Nebel umgibt die Hütte. Draußen sieht es recht ungemütlich aus. Am liebsten würde ich den ganze Morgen das sehr vielseitige und reichhaltige Frühstück genießen, aber ich muss heute so schnell wie möglich nach Hause.
Während dem Abstieg schneit es eine Stunde lang. Da der meist stark frequentierte Weg gut ausgetreten ist, komme ich aber schnell und problemlos voran. Es ist zwar schade, dass ich heute nichts von den Bergen um mich herum sehe, aber so eine Wanderung bei Schneefall zählt untrennbar zu den Erlebnissen, ohne die ein Winter unvollständig wäre.
Beim Abstieg sehe ich eine große Gruppe Gämsen.
Bald bin ich unterhalb der Schneegrenze und marschiere nun in flottem Tempo weiter. Eigentlich hatte ich geplant, heute noch auf der Route des Maximiliansweg bis Nussdorf zu wandern, doch wegen starkem Regen bin ich dann froh, dass ich ab dem Parkplatz Spatenau (762 m) mit einem anderen Wanderer nach Rosenheim fahren kann und früher als geplant nach Hause komme.
Weitere winterliche Hüttenwanderungen will ich bei gutem Wetter im März machen. Zuvor folgt als perfekter Kontrast dazu bald wieder eine Woche im Nationalpark Wattenmeer, auf die ich mich ebenso freue.
Wahrscheinlich kennt jeder von Euch Wanderfreunde, die bisher noch keine Ahnung davon haben, dass ich inzwischen mehr als 13.000 km auf Fernwanderwegen sowie mehr als 2.600 km auf Tageswanderungen mit Beschreibung und mehr als 13.600 Fotos vorstelle. Teilt es ihnen auf Eurer eigenen Homepage oder Euren Social Media Account mit, damit sich auch Eure Freunde viele Anregungen zu einer schönen Tour holen können.